Humanistischer Verband gegen „Bosbach-Entwurf“

Ein friedliches Sterben-Lassen und Verzicht auf künstliche Ernährung durch PEG-Sonde im Dauerkoma oder bei schwerer Altersdemenz wäre mit dem heute vorgestellten fraktionsübergreifenden Gruppenantrag so gut wie unmöglich.

Vorgesehen ist, dass man in einer Patientenverfügung das Ende etwa einer künstlichen Beatmung oder Ernährung anordnen kann, auch wenn die Erkrankung nicht tödlich ist. Dies soll aber nur gelten, wenn sich Betroffene vor dem Abfassen der Verfügung von einem Arzt beraten lassen und das Schreiben dann gemeinsam mit einem Notar aufsetzen und mit einem Stempel (Kosten etwa 25 €) beglaubigen lassen. Einfache Patientenverfügungen ohne Beratung sollen nur im Fall einer unheilbaren, tödlichen Krankheit gelten.

Lesen Sie hier die Stellungnahme des Humanistischen Verbandes Deutschlands:

„Der HVD lehnt den heute vorgestellten Gesetzesentwurf zur Patientenverfügung als rückschrittlich, überreglementiert und zudem inhuman ab. Der HVD unterstützt weiter den bereits im Sommer vorgestellten Entwurf der Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Dr. Stünker.

Der Entwurf, der von einer Gruppe um die Bundestagsabgeordneten Bosbach (CDU) und Göhring-Eckardt (Grüne) vorgelegt wurde, will auch die Verbindlichkeit bereits bestehender Patientenverfügungen danach beurteilen, ob diese erst nach Beratung durch einen Arzt und einen Notar abgefasst wurden oder nicht. Dies bedeutet jedoch, dass mehrere Millionen bereits bestehender und hinterlegter Patientenverfügungen als minderwertig eingestuft werden, gerade in Situationen, wo es für den einzelnen Menschen existentiell wichtig ist. ‘Das ist in keiner Weise mit einem humanistischen Menschenbild zu vereinbaren. Ob ein Mensch mit einer tödlich verlaufenden Krankheit friedlich sterben darf oder nicht, würde bei dem Entwurf davon abhängen, ob er in den letzten fünf Jahren vor dieser Situation die unterschiedlichsten juristischen, ärztlichen und nicht zuletzt die damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten gemeistert hat. Das ist nicht nur rückschrittlich und bürokratisch, sondern inhuman. Mündige Menschen werden degradiert und einem Arbeitsbeschaffungsprogramm für Juristen unterworfen. Der Bosbach-Entwurf ist ein Versuch, die verfassungsrechtlich verbürgte Patientenautonomie auszuhebeln’, stellt Dr. Horst Groschopp, Präsident des HVD, fest.

Nach dem Entwurf der Gruppe um Dr. Stünker hingegen sind auch sogenannte einfache Patientenverfügungen durch die Ärzte und die sonstigen Berechtigten zu beachten und der Wunsch des Kranken durchzusetzen. Nur auf diese Weise kann nach Auffassung des HVD die verfassungsrechtlich verbürgte Autonomie des Menschen am Lebensende Geltung finden.“

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