HVD zum 100. Internationalen Frauentag – Der Humanismus hat zwei Geschlechter

Die Befreiung der Frauen ist auch einhundert Jahre nach dem ersten Internationalen Frauentag im Weltmaßstab eine unerledigte Aufgabe. Mangelnde sexuelle Selbstbestimmung ist dabei ein Hauptproblem.

In den armen Ländern des globalen Südens bekommen jedes Jahr rund 14 Millionen Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren ein Kind, etwa die Hälfte von ihnen ungewollt. Frühe Schwangerschaften rauben Mädchen und jungen Frauen in Entwicklungsländern den Zugang zu Bildung, verschärfen die Armut und bedeuten für viele den Tod.  Das ist nicht nur im Globalen Süden ein Problem.

Zum 100sten Internationalen Frauentags erklärt der Präsident des HVD, Prof. Dr. Frieder Otto Wolf:

„Trotz über einhundertjähriger  Kämpfe  gibt es immer noch eine strukturelle Diskriminierung von Frauen – weltweit, in Europa und auch in Deutschland. Der HVD als Organisation des praktischen Humanismus begreift dies als wichtige Herausforderung an sein gesellschaftspolitisches Wirken und auch an seine eigene Organisationskultur. In diesem Sinn unterstützen wir die Erklärung „Zum 100sten Internationalen Frauentag“ , die vom HVD Berlin mitgetragen wird:

Zum 100sten Internationalen Frauentag: Sexuelle Selbstbestimmung und Familienplanung sind Menschenrecht!    

Wir fordern:

Aufklärung und Zugang zu Verhütung für alle

Sexuelle Aufklärung muss allen Mädchen und Jungen zugänglich sein.
Die Möglichkeit zur Verhütung von Schwangerschaften, d.h. die selbstbestimmte Entscheidung über Zeitpunkt und Anzahl von Kindern, ist ein Menschenrecht.
Verhütungsmittel müssen allen Frauen und Paaren im reproduktiven Alter zur Verfügung stehen.
In Deutschland ist das Menschenrecht auf Familienplanung besonders seit dem Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes (GMG) vom 1. Januar 2004 und durch die Hartz IV Reform, bei der eine kostendeckende Finanzierung von Verhütungsmitteln nicht vorgesehen ist, nicht für alle Frauen und Paare garantiert.

„Pille danach“  auch in Deutschland rezeptfrei

Die „Pille danach“ dient der Notfallverhütung nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr, um eine Empfängnis zu verhindern. Sie ist ein anerkanntes und wirksames Mittel, mit dem Frauen selbständig und unverzüglich eine ungewollte Schwangerschaft verhüten können. Bereits in 17 europäischen Ländern, in den USA seit 2006, erhalten Frauen die „Pille danach“ rezeptfrei.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Anwendung der „Pille danach“ als Notfallverhütung empfohlen. In Deutschland hingegen besteht nach wie vor Rezeptpflicht, durch die die notwenige schnelle Anwendung erschwert wird. Wir fordern die Bundesregierung und den Bundesrat auf: Orientieren Sie sich an der Empfehlung des „Sachverständigenausschusses beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte“. Heben Sie die Verschreibungspflicht für die „Pille danach“ auf.

Keine Bevormundung von Frauen beim Schwangerschaftsabbruch

Perfektes Verhütungsverhalten ist eine Fiktion und entspricht technizistischem Denken, das der Realität gelebter Sexualität nicht entspricht. Beim Eintreten ungewollter Schwangerschaften müssen Frauen und Paare sich ohne bürokratische Hürden und ohne Bevormundung entscheiden können, ob sie eine Schwangerschaft austragen wollen oder einen Schwangerschaftsabbruch vorziehen.
Die Verortung des § 218 im Strafgesetzbuch und die seit 1993 für das gesamte Bundesgebiet bestehende Pflichtberatung vor einem  Schwangerschaftsabbruch stellen eine Entmündigung und Diskriminierung von Frauen dar. Frauen und Mädchen müssen endlich auch in Deutschland das Recht bekommen, selbst über ihren Körper und ihr Leben  entscheiden zu können Qualifizierte Beratung muss auf freiwilliger Basis sichergestellt werden. Überall in Deutschland sind den Frauen die verschiedenen Methoden der Beendigung ungewollter Schwangerschaften bereitzustellen. Dafür Sorge zu tragen, ist eine öffentliche Aufgabe.

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Humanistischer Verband Deutschlands hält Reform des Schwangerschaftsabbruchs für breit konsensfähig

In Deutschland werden innerhalb der Dreimonatsfrist jährlich ca. 96.000 Schwangerschaftsabbrüche straffrei vorgenommen. Dabei gilt nach Gesetz ab Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus, dass diese bereits Würde- und Lebensschutz haben soll. Deswegen soll die Abtreibung gemäß Paragraf 218 StGB rechts- und sittenwidrig sein. Diese Widersprüchlichkeit in den Paragrafen 218 ff. StGB und die anachronistische Stigmatisierung von unerwünscht schwangeren Frauen sollen nunmehr gemäß einer aktuellen Kommissionsempfehlung moderat reformiert werden. Die Schritte dazu dürften auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens treffen – wobei der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) sich noch weitergehende Vorschläge wünscht.

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