Symbol der Respektlosigkeit von Bundesministerin Aigner

HVD: Ministerien sind keine Kirchengebäude – Frieder Otto Wolf sieht Notwendigkeit für einen besseren gesetzlichen Schutz von staatlicher Neutralität.

„Wer das fundamentale Prinzip der Trennung von staatlichen und religiösen Angelegenheiten missachtet, verletzt eine wichtige Errungenschaften des modernen Rechtsstaates.“ Darauf hat Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Montag in Berlin hingewiesen.

Anlass ist die fortgesetzte Weigerung der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner, ein ihren religiösen Glauben repräsentierendes Kreuz im Gebäude des Ministeriums trotz der Beschwerden von Besuchern abzuhängen. Abgeordnete der Parteien Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE hatten die Anbringung kritisiert und die Entfernung des Kreuzes gefordert. Ilse Aigner lehnte mit der Begründung ab, dass die Aufhängung des Kreuzes die Religionsfreiheit nicht beeinträchtige.

Wolf sagte dazu, dass einer Bundesministerin als Amtsträgerin der Regierung unseres Staates nicht die Ausübung von religiösen Tätigkeiten obliege. Zudem seien auch der verfassungsrechtlich geschützten Religionsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland einige Grenzen gesetzt. Diese wären etwa da zu finden, wo ohne vernünftige Gründe eine Verquickung von staatlichen und religiösen Angelegenheiten erfolge.

„Die symbolische Vereinnahmung von Räumen durch Kruzifixe oder andere Zeichen religiösen oder eindeutig weltanschaulichen Charakters in Ministerien, Gerichten, Schulen und Behörden missachtet die verfassungsmäßige Forderung nach staatlicher Neutralität. Im Aufhängen von Kreuzen in diesen Einrichtungen ist ein Symbol der Respektlosigkeit gegenüber den Prinzipien zu sehen, in denen sich aufgeklärte und demokratische staatliche Verfassungen von vormodernen Gesellschaften unterscheiden, sowie gegenüber den vielen Menschen, die nicht einem christlichen Glauben anhängen.“

Die Anbringung eines Kreuzes stelle somit auch stets einen Affront gegenüber der Forderung der rund 30 Millionen Menschen ohne christliche Konfession in der Bundesrepublik Deutschland dar, dass die Mitglieder einer Regierung ihr Amt nicht zur einseitigen Förderung ihrer persönlichen Glaubensrichtung missbrauchen. „Das schürt vor allem Misstrauen, Unfrieden und Hass zwischen den Menschen“, so Frieder Otto Wolf weiter. An der Aufhängung von Kreuzen in staatlichen Einrichtungen könnten deshalb weder Konfessionsfreie, Andersgläubige noch die umsichtigen Christinnen und Christen, denen die Toleranz und der gesellschaftliche Frieden wichtig sind, ein Interesse haben.

Frieder Otto Wolf rief schließlich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu auf, sich konsequent für den Schutz der staatlichen Neutralität einzusetzen. „Wenn von den Angehörigen der Bundesregierung hier kein eigener Wille erkennbar wird, sollte auch über gesetzgeberische Klarstellungen nachgedacht werden, damit das Vertrauen der Menschen in die religiöse Neutralität des Staates nicht weiter unterminiert werden kann. Teile eines vorübergehend der persönlichen Verantwortung unterstellten Ministeriums nach Gutdünken in einen Tempel umzuwidmen ist keine Aufgabe von Vertretern einer Regierung. Das muss auch Bundesministerin Ilse Aigner klar werden.“

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