Ende der Kirchensteuer gehört zum Profil jeder säkularen Politik

HVD begrüßt Forderungen, Reformen bei kirchlichen Privilegierungen zum Thema im Wahlkampf zu machen. Wahlberechtigte dürfen nicht länger ausgeschlossen werden.

„Die Forderungen, Reformen bei der staatlichen Förderung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zum Thema zu machen, sollten von den Spitzen der demokratischen Parteien nicht länger blockiert werden“, sagte Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Sonntag in Berlin.

Wolf begrüßte die Ankündigungen aus laizistischen und säkularen Kreisen in SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE, Reformen wie das Ende des staatlichen Kirchensteuereinzugs, den Abbau von Benachteiligungen durch das Arbeitsrecht für die Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft und die Abschaffung des Paragraphen 166 Strafgesetzbuch im kommenden Bundestagswahlkampf zum Thema zu machen. Die Jugendorganisationen der Parteien hätten sich diesen Forderungen längst geöffnet und auch auf demokratische Weise eigene Beschlüsse dazu gefasst, stellte Wolf fest.

„Bei den Spitzen der Parteien war hier hingegen bislang oft eine störrische Blockade zu beobachten, die teilweise etwas kindisch wirkte“, so Frieder Otto Wolf weiter. Als Beispiel nannte er die Ablehnung einer laizistischen Arbeitsgruppe durch den SPD-Politiker Wolfgang Thierse, weil nach dessen Zählung die christlichen Gläubigen in der Partei eine Mehrheit darstellen würden.

„Alle Parteien müssen sich heute aufgefordert sehen, sich den Anliegen der wachsenden Zahl von politisch engagierten Menschen mit säkularen politischen Positionen nicht länger zu verschließen. Die Themen sollten weder der Debatte noch der demokratischen Abstimmung durch die breite Öffentlichkeit entzogen werden. Die Demokratie und die politische Legitimation des künftigen Bundestages werden noch weiter geschwächt, wenn die Parteispitzen den Wählerinnen und Wählern auch hier die Chance auf Mitbestimmung verweigern.“

Wolf bekräftigte die Position, dass Reformen wie die Einstellung des staatlichen Einzugs von kirchlichen Mitgliedsbeiträgen zum Profil jeder säkularen Politik gehören müssten, die die wachsende Zahl konfessionsfreier Menschen sowie die neue weltanschauliche Pluralität in Deutschland respektiert.

„Jedenfalls sofern das im Grundgesetz aufgezeichnete Gebot zur weltanschaulichen Neutralität geachtet wird, nach dem Staat und Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften nur an den Stellen miteinander in einer fördernden Verbindung stehen sollen, wo es gute Argumente für so eine Verbindung gibt. Beim staatlichen Einzug der Kirchensteuer sind diese nicht zu sehen, hier gibt es aus unserer humanistischen Perspektive keine guten Gründe.“

Anders sei das bei der gleichberechtigten Förderung der Gemeinschaften für ihre Beiträge zur öffentlichen Kultur, als Anbieter eines freiwilligen Bekenntnisunterrichts an Schulen oder als freie Träger, sofern sie sich dabei an die allgemeinen Gesetze halten.

Schließlich betonte Frieder Otto Wolf, es sei wiederum Aufgabe der säkularen und laizistischen Kreise in den Parteien, klar erkennbar zu machen, dass die Forderungen nicht als gegen Religionsgemeinschaften an sich gerichtet zu verstehen sind.

„Unter anderem als Orte der Kultur und Quelle von Ligaturen spielen sie für sehr viele Menschen in unserem Land, darunter zahlreiche nicht-christliche Gläubige, immer noch eine bedeutende Rolle“, erinnerte Wolf.

Es sei daher sinnvoll, hier die unter dem Eindruck einer starken kirchlichen Dominanz früherer Jahrzehnte entstandenen Haltungen regelmäßig kritisch zu überprüfen und  gegenüber den Menschen selbstbewusst für die notwendigen Veränderungen zu werben.

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