„Ganz bewusst die Richtung wählen“

Frühlingsbotschaft: Frieder Otto Wolf plädierte dafür, in der neuen Jahreszeit neue Hoffnung aufzubauen und Initiativen nachhaltig zu entwickeln.

„Dass wir uns nicht zu jeder Zeit in einen vorab festgelegten, zyklischen Lauf der Dinge einfügen müssen, das macht uns das Menschsein möglich. Nutzen wir also diese Möglichkeit, auch wirklich Menschen zu sein.“

Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, rief am vergangenen Wochenende in seiner Botschaft zur neuen Jahreszeit dazu auf, den Beginn einer Zeit des Lichts und der Wärme zu nutzen, für sich selbst und mit anderen „ganz bewusst die Richtung zu wählen, in die wir gehen. Nur so kann unser Handeln vernünftig bleiben und für uns selber und für andere eine verlässliche Grundlage bieten.“

In seiner Botschaft erinnerte er daran, dass Menschen nicht nur biologische, sondern auch kulturelle Wesen sind, die sich nicht zu jeder Zeit in einen vorab festgelegten, zyklischen Lauf der Dinge einfügen müssen. „Uns als Menschen steht die besondere Möglichkeit offen, bewusst zu handeln und neue Dinge und Verhältnisse herzustellen.“

Der Frühlingsbeginn sei  daher ein ausgezeichneter Moment dafür, nicht nur eine Phase von Kälte und Dunkelheit hinter sich zu lassen, sondern sich auch dem zu entziehen, „was uns in der Vergangenheit bedrückt hat“ und sich einer Erneuerung des eigenen Lebens zu widmen.

Damit aber auch neue Initiativen verlässlich, haltbar und möglichst wirksam und das Handeln vernünftig bleibe, sollten drei Punkte beachtet werden, so Wolf. So sei es wichtig, dabei auch an die Menschen zu denken, die zu den Armen und Ausgeschlossenen in unserer eigenen Gesellschaft zählen. „Denn wir leben ja als wirkliche Menschen nicht in der ort- und zeitlosen bloß noch virtuellen Welt des homo oeconomicus der wirtschaftswissenschaftlichen Modelle, sondern wir leben immer zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort.“

Er plädierte dafür, sich individuell und gemeinsam dieser Einsicht zu stellen, „um bewusst unsere eigenen Perspektiven zu entfalten. Jeder für sich, in Gruppen oder auch alle Menschen gemeinsam. Andernfalls besteht die Gefahr, dass wir nicht wirklich unser eigenes Leben leben. Weil wir etwa den Mythen der Religionen erliegen oder auch den Illusionen der Konsumräusche, wie sie von der herrschenden Ökonomie angeboten werden.“

Zudem erinnerte Frieder Otto Wolf daran, dass jedes Leben in einen grundlegenden Rhythmus eingebettet ist, dem sich auch Menschen nicht entziehen können: Geburt, Leben und Tod. Er plädierte dafür, dies nicht aus dem Blick zu verlieren.

Wolf: „Der ewige Frühling, der sich aus diesem Rhythmus herauslöst, wie ihn einmal der radikale Philosoph Friedrich Nietzsche bemüht hat, ist für Menschen von Grund auf destruktiv. Es ist der ewige Frühling der Amnesie, in der Vergangenheit und Zukunft aus dem Horizont des Erlebens verschwunden sind.“

Schließlich mache auch die Einsicht, nicht in einem ewigen Kreislauf gefangen zu sein, eine belehrte Hoffnung möglich: „Wir können durchaus wirklich und wirksam bestimmte Momente unserer eigenen Vergangenheit verabschieden und neu anfangen.  Nicht durch vergessen oder verdrängen, sondern durch Erinnerung und Verarbeitung.“ Das sei nötig, um wirksam handeln zu können und Wege zu einem neuen Aufbruch zu finden.

Außerdem erinnerte er daran, dass im Frühling in der Natur die jüngeren, nächsten Generationen im Zentrum stehen. „Es geht in Aufbrüchen, für die das Bild des Frühlings steht, immer um etwas, das klar erkennbar über die individuelle Existenz, über das konkrete eigene Leben, hinausreicht.“

Die von der Natur gebotene Einladung sollten Humanistinnen und Humanisten somit nicht an sich vorbeigehen lassen. „Genau hier können wir unsere Kreativität, unsere Selbstreflexion, unser kritisches Nachdenken über kommende Zeiten ganz bewusst ins Spiel bringen. Das kann allen Menschen, die als Menschen zusammenleben wollen, nur von Nutzen sein.“

Damit schließlich der Frühling in der Natur auch von einem Aufbruch im menschlichen Dasein begleitet werden kann, sollte dreierlei versucht werden: „Uns informieren, welche Aufbrüche in unserer eigenen Zeit und unserem gesellschaftlichen Ort zum Mitmachen einladen. Mit Empathie erfassen, was andere in ihrem Streben nach einem Aufbruch bewegt. Und sich mit allen solidarisieren, die wie wir wirklich gemeinsam als Menschen leben wollen.“

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