„Gleichbehandlung von Konfessionsfreien wird kommen“

Frieder Otto Wolf zum Rechtsstreit um schulfreien Welthumanistentag in Berlin: Bündnispartner bei der Entwicklung einer pluralistischen Feiertagskultur suchen.

„Die öffentliche Anerkennung des internationalen Humanistentages als ein Feiertag von Humanistinnen und Humanisten wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung unserer Weltanschauung und zur Gleichberechtigung von konfessionsfreien Menschen in unserem Land“, hat Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Mittwochabend in Berlin betont.

Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Berlin die Klage einer Mutter abgewiesen, mit der sie die Entfernung eines Vermerks über einen unentschuldigten Fehltag im Zeugnis ihres Sohnes erreichen wollte. Der Fehltag war vermerkt worden, nachdem ihr Antrag auf Freistellung des Sohnes vom Schulbesuch zum Welthumanistentag am 21. Juni 2011 abgelehnt worden war. Den Vermerk beurteilte das Gericht als begründet, ein Anspruch auf Änderung der entsprechenden Vorschrift bestehe nach Ansicht der urteilenden Kammer nicht.

„Wir treten für eine pluralistische und kulturell offene Gesellschaft ein“, sagte Frieder Otto Wolf zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts. „Daher begrüßen wir es, wenn die Angehörigen der Religionsgemeinschaften ein Recht besitzen, sich an bestimmten Tagen von der Pflicht zum Besuch des Schulunterrichts oder ihren beruflichen Verpflichtungen befreien zu lassen, damit sie an den für ihre Tradition bedeutsamen Fest- und Gedenktagen teilhaben können.“

Er äußerte sich zwar bedauernd zum bisherigen Verlauf des Verfahrens, zeigte sich aber zuversichtlich, dass mit der richtigen Vorbereitung günstigere Entscheidungen gefällt werden: „Die Gleichbehandlung von Konfessionsfreien wird kommen.“

Mit Blick auf die Debatten um staatliche Feiertage in einigen Bundesländern betonte er außerdem, dass die Frage nach einem Recht auf solch eine Freistellung nicht mit der Frage zu verwechseln sei, inwieweit die gesetzlichen Feiertage noch den für ihre kulturelle Legitimation notwendigen gesellschaftlichen Rückhalt besitzen.

Frieder Otto Wolf unterstrich, dass dabei liberale Haltungen im humanistischen Denken zum Ausdruck kommen: „Unverzichtbar ist an dieser Stelle eine Unterscheidung zwischen der Gestaltung der allgemeinen Kultur durch den Staat und der staatlichen Aufgabe, Räume für die Gestaltung von Kultur durch die unseren Staat bildende vielfältige Gesellschaft zu schaffen. Wir sind der Meinung, dass beides gleich wichtig ist.“

Er plädierte daher dafür, dass Humanistinnen und Humanisten weitere Bündnispartner bei der Entwicklung einer Feiertags- und Gedenkkultur, die der weltanschaulichen und religiösen Vielfalt in der Bundesrepublik Deutschland und dem Recht auf eine selbstbestimmte Lebensgestaltung entspricht, suchen sollten. Eine eigene Aufgabe sei es außerdem, hier eine stärker und nachhaltiger wahrnehmbare Praxis zu entfalten.

„Ich hoffe, dass mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Berlin nicht das letzte Wort gesprochen sein wird. Denn es ist das gute Recht von konfessionell gebundenen Menschen, Möglichkeiten zur gemeinschaftlichen Gestaltung der für ihren Glauben wichtigen Tage zu besitzen. Ich sehe aber keinen guten Grund, warum Angehörige unserer humanistischen Weltanschauung, ob Schüler oder Berufstätige, grundsätzlich auf dieses Recht verzichten müssen“, so Wolf schließlich.

Der 21. Juni war 1986 auf Beschluss der International Humanist and Ethical Union (IHEU) als weltweiter humanistischer Feiertag („World Humanist Day“) proklamiert worden und wird jährlich begangen. Die IHEU ist ein weltweiter Zusammenschluss von mehr als 110 humanistischen und säkularen Organisationen in über drei Dutzend Ländern. Der Humanistische Verband Deutschlands ist Mitglied der IHEU und unterstützt den Tag als internationalen humanistischen Feiertag.

Inhalt teilen

Unsere letzten Pressemitteilungen

Humanistischer Verband Deutschlands hält Reform des Schwangerschaftsabbruchs für breit konsensfähig

In Deutschland werden innerhalb der Dreimonatsfrist jährlich ca. 96.000 Schwangerschaftsabbrüche straffrei vorgenommen. Dabei gilt nach Gesetz ab Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus, dass diese bereits Würde- und Lebensschutz haben soll. Deswegen soll die Abtreibung gemäß Paragraf 218 StGB rechts- und sittenwidrig sein. Diese Widersprüchlichkeit in den Paragrafen 218 ff. StGB und die anachronistische Stigmatisierung von unerwünscht schwangeren Frauen sollen nunmehr gemäß einer aktuellen Kommissionsempfehlung moderat reformiert werden. Die Schritte dazu dürften auf einen breiten gesellschaftlichen Konsens treffen – wobei der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) sich noch weitergehende Vorschläge wünscht.

Weiterlesen »
Nach oben scrollen