Endlagersuche für Atommüll ist keine Glaubensfrage

HVD: Beteiligung von Vertretern der Religionsgemeinschaften im Entwurf für geplantes Endlagersuchgesetz muss auf den Prüfstand.

Warum im geplanten Standortauswahlverfahren der Bund-Länder-Kommission zur Endlagersuche für radioaktive Abfallstoffe Vertreter von Religionsgemeinschaften beteiligt sein sollen, ist aus Sicht der konfessionsfreien Menschen in Deutschland nicht nachvollziehbar.

Darauf hat Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Montagnachmittag in Berlin hingewiesen. Wolf forderte die Fraktionen im Bundestag und die Umweltverbände auf, hier auf die Einhaltung des verfassungsmäßigen Gebotes zur staatlichen Neutralität hinzuwirken.

„Weder die Endlagerung von Atommüll noch die Suche nach einem geeigneten Standort stellen Glaubensfragen dar, eine Beteiligung von Vertretern der Religionsgemeinschaften ist daher sehr erklärungsbedürftig“, betonte Wolf beim Blick auf den Gesetzesentwurf.

Im von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen im Mai vorgelegten Entwurf für das sogenannte Endlagersuchgesetz (Drs. 17/13471) ist die Bildung einer Bund-Länder-Kommission vorgesehen. Aufgaben der Kommission sollen die Vorbereitung eines Standortauswahlverfahrens für Endlager, die Bewertung relevanter Grundsatzfragen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und die Abgabe von Handlungsempfehlungen für den Bundestag und Bundesrat sein.

Die Kommission soll sich aus 24 Mitgliedern zusammensetzen, darunter Abgeordnete des Bundestages, Vertreter der Landesregierungen sowie Vertreter der Wissenschaft, der Umweltverbände, der Wirtschaft und der Gewerkschaften. Zwei Mitglieder sollen Vertreter von Religionsgemeinschaften sein.

„Inwiefern theologische Erwägungen bei diesen Aufgaben eine Rolle spielen können oder die Interessen konfessionell gebundener Menschen besonders wichtig sind, ist mir ausgesprochen schleierhaft“, so Frieder Otto Wolf. Er erinnerte an die Vielzahl von Glaubensrichtungen sowie die große Gruppe der konfessionsfreien Menschen, die durch die bisher geplante Beteiligung erneut einer staatlichen Diskriminierung ausgesetzt wäre. Wolf: „Die geplante Regelung muss deshalb unbedingt auf den Prüfstand.“

Falls in der künftigen Kommission eine Vertretung von religiösen Menschen von den Fraktionen als zwingend erforderlich erachtet werde, um beispielsweise als notwendige Kommunikationsschnittstelle zwischen einer vom Glauben an Gott geprägten Weltsicht und den Befunden der Wissenschaft oder auch Problemen der Politik zu dienen, müsse eine Stimme für die Gruppe der nichtreligiösen Menschen in der Kommission ebenfalls  zu Wort kommen können. Die Fähigkeit zur Diskussion ethischer und moralischer Aspekte und die Formulierung von Positionen, die über die Ebene von Wissenschaft und Politik hinausgehen, stelle auch hier kein Primat religiöser Weltanschauungen dar.

„Eine einseitige Beteiligung von Vertretern der Religionsgemeinschaften wirkt aus unserer Sicht wahlweise als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder als eine den Vorgaben unseres Grundgesetzes widersprechende Privilegierung. Der Entwurf kann so nicht bleiben und muss hier deutlich überarbeitet werden“, sagte Frieder Otto Wolf schließlich.

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