„Wir müssen endlich wieder tiefer in solche Krisen schauen“

Kontroverse um Militäreinsatz in Syrien: Frieder Otto Wolf appellierte an Humanistinnen und Humanisten, sich für eine nachhaltige Lösung aller Konflikte zu engagieren.

„Einen Ruf nach dem pauschalen Verzicht auf den Einsatz militärischer Gewalt  sollte es im Fall des Völkermords nicht geben“, unterstrich am Montagabend Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, in Berlin mit Blick auf die politischen Kontroversen um eine militärische Intervention im von einem andauernden Bürgerkrieg erschütterten Syrien. Er betonte dabei, dass rechtmäßige Interventionen ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen erfordern.

„Die Verwendung von Giftgas ist ein abscheuliches Verbrechen, das niemanden unberührt lassen sollte“, so Frieder Otto Wolf weiter. Den für den offenkundigen Einsatz von Giftgas in Syrien verantwortlichen Personen muss der Prozess am Internationalen Strafgerichtshof gemacht werden. Ein vergessenes Massaker dürfe angesichts der jüngeren Geschichte und existierender Institutionen zur gerechten Sanktionierung nicht wieder möglich werden.

Wolf: „Ich empfinde eine tiefe Trauer wegen der vielen bereits vergeudeten menschlichen Leben in Syrien. Ich glaube nicht daran, dass nur eines dieser vielen sogenannten Opfer notwendig war und ich bin überzeugt, dass auch in Zukunft kein einziger Mensch einfach als Opfer bezeichnet werden darf. Jeder religiösen und mythisch verbrämten Deutung der Verluste menschlichen Lebens sollten wir bereits hier Grenzen setzen, wenn wir die Dinge klar erkennen wollen.“

Zugleich erinnerte er mit Verweis auf die mediale Inszenierung des nun auch aus internationaler Sicht zugespitzen Bürgerkriegs in Syrien daran, dass auf dem benachbarten afrikanischen Kontinent in den letzten zweieinhalb Jahren mehrere Hunderttausend Menschen aufgrund von unzureichender Ernährung gestorben sind.

Wo immer Leid und Sterben einfach hingenommen werden, herrsche moralischer Nihilismus, so Wolf: „Die nach den furchtbaren Schrecken des Zweiten Weltkrieges von den Vereinten Nationen verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte macht ja tatsächlich keinen Unterschied zwischen den Menschen in Syrien, Afrika oder Europa.“

Daran müssten sich alle Maßnahmen der internationalen Politik messen, wenn sie in der Geschichte als authentisches Engagement für Frieden und Schutz der Menschenrechte bewertet werden wollen: „Ich begrüße Aufrufe, die sich nun gegen vorschnellen Einsätze militärischer Interventionen engagieren und gegen bewaffnete Lösungen mobilisieren“, sagte Frieder Otto Wolf. „Doch es ist auch hier nicht damit getan, Eskalationen zu verhindern, wenn die grundlegenden Mechanismen und Strukturen der Konflikte nicht offen und unvoreingenommen in den Fokus nachhaltiger Lösungsversuche genommen werden.“

Menschen sind zum dauerhaften Frieden und solidarischen Miteinander fähig, betonte er schließlich. Der Großteil des gesellschaftlichen und öffentlichen Nachdenkens sollte daher gerade angesichts der Konflikte in Syrien darin investiert werden, wie diese Fähigkeit auch tatsächlich zur Entfaltung kommen kann. „Wir müssen endlich wieder tiefer in solche Krisen schauen“, sagte Frieder Otto Wolf.

„Dann ist zu erkennen, was wir nun wirklich zu dem Ziel beitragen können, dass sich die große Mehrheit einer am Frieden interessierten Menschheit das nötige zivilisatorische Fundament schaffen und erhalten kann, bei dem weder Mandate des UN-Sicherheitsrates zur Anwendung militärischer Gewalt nötig sind noch Menschen zu bloßen Opfern herabgesetzt werden.“

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