Konfessionsfreie nicht als Bürger zweiter Klasse behandeln

Bei der Wertebildung an Grundschulen dürfen Konfessionsfreie nicht benachteiligt werden – Humanisten erwarten positives Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am Mittwoch.

„Wir erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechte der konfessionsfreien Menschen in Deutschland stärkt. Die Richter müssen in ihrer Entscheidung klarstellen, dass konfessionsfreie Menschen nicht Bürger zweiter Klasse sind.“ Das hat der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Frieder Otto Wolf, am Dienstagnachmittag in Berlin zur anstehenden Entscheidung des Bundesgerichts in Leipzig zum Grundrecht auf Ethikunterricht an Grundschulen erklärt.

Das Gericht wird am Mittwoch über die Klage einer konfessionsfreien Mutter dreier Söhne (BVerwG 6 C 11.13) entscheiden, die im Jahr 2010 die Einführung von Ethikunterricht für ihre zwei schulpflichtigen Kinder in der Primarstufe im baden-württembergischen Freiburg i.Br. verlangte. Der Antrag wurde vom Kultusministerium des Landes abgelehnt. Das Freiburger Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim bestätigten die Entscheidung des Ministeriums. Die Klage gegen die Ablehnung wird von den Humanisten Baden-Württemberg, Landesverband im Humanistischen Verband Deutschlands, unterstützt.

Frieder Otto Wolf sagte weiter: „Bereits in der Vergangenheit hat das Bundesverwaltungsgericht im Sinne von konfessionsfreien und nichtreligiösen Eltern geurteilt, die ein ethisch-moralisch und philosophisch bildendes Schulfach als Alternative zum konfessionellen Unterricht an den Schulen wollen. Wir erwarten deshalb, dass die neue Entscheidung am Mittwoch diesen Kurs fortführt.“

Das Urteil sollte ferner klarstellen, dass ein solcher Unterricht nicht als ein aus finanziellen oder anderen Erwägungen nachrangiges Schulfach behandelt werden darf. „Mit dem Urteil über die Klage trifft das Gericht auch grundsätzliche Aussagen zur Stellung des Ethikunterrichts in allen Bundesländern. Es konnten hier zwar mittlerweile in der Sekundarstufe entsprechende Fächer als Alternative etabliert werden, vielfach fehlt es aber an einer den Religionsunterrichten ebenbürtigen politischen Unterstützung. Wir wünschen uns, dass die Entscheidung am Mittwoch auch insofern die Rechte konfessionsfreier Eltern und Schüler stärkt, als dass sie deutlich macht, dass ihr Anspruch auf eine Alternative zum Religionsunterricht nicht mehr oder weniger bloß auf dem Papier besteht.“

Wolf unterstrich, dass es hier trotz der erwarteten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auch in Zukunft zu keiner reinen Verstaatlichung der schulischen Wertebildung kommen dürfe. „In unserem Land gibt es eindrückliche historische Beispiele, in denen die ethisch-moralische Bildung und Erziehung an Schulen in der Hand nur einer Instanz gelegen haben, sowohl kirchlicher wie auch staatlicher Natur.“

Diese Irrtümer dürften sich nicht wiederholen, und derartige Entwicklungen widersprächen zudem der weltanschaulichen Neutralität der Bundesrepublik Deutschland. Wolf: „Der Anspruch auf Gleichstellung bei der ethischen und philosophischen Bildung auch im Grundschulalter, der für Eltern und Schüler ohne Konfession gewährleistet sein sollte, besteht aus unserer Sicht. Und er muss mit Blick auf die wachsende Zahl konfessionsfreier Menschen und die heutige weltanschauliche Pluralität endlich konsequent und richtig umgesetzt werden.“ Wolf betonte daher nochmals abschließend: „Konfessionsfreie dürfen sich dabei nicht länger als Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse behandelt fühlen.“

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