Bischof Ackermann an das schreckliche Leid in Afrika erinnern

Homosexuelle können selbstbewusst auftreten. Humanisten begrüßen erstes öffentliches Gespräch von katholischem Bischof mit dem deutschen Lesben- und Schwulenverband.

Für die Ausschließung homosexueller Arbeitnehmer von der Beschäftigung in Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes gibt es keine guten Gründe. Das hat am Dienstagvormittag Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, in Berlin mit Blick auf das anstehende öffentliche Gespräch des Bischofs von Trier, Stephan Ackermann, mit Vertretern des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) betont. Ackermann wird am morgigen Mittwoch an dem moderierten Gespräch „Date mit dem Bischof“ ab 19 Uhr in der Saarbrücker Congresshalle teilnehmen. Es ist das erste öffentliche Gespräch eines Bischofs der katholischen Kirche in Deutschland mit Vertretern des LSVD.

„Wir begrüßen den Schritt von Bischof Ackermann, sich öffentlich den Fragen und Argumenten der Menschen zu stellen, die wegen ihrer nicht-heterosexuellen Identität durch das kirchliche Arbeitsrecht benachteiligt werden“, sagte Frieder Otto Wolf. Denn mit ähnlichen Erfahrungen wie homosexuelle Berufstätige sind die konfessionsfreien und nichtreligiösen Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer in Deutschland konfrontiert. Auch sie werden durch das kirchliche Arbeitsrecht von einem erheblichen Teil des Arbeitsmarktes in der Bundesrepublik ausgeschlossen, sofern sie nicht ihre weltanschauliche Identität und Überzeugung verheimlichen. Für jede dieser Formen von Benachteiligung gebe es keine guten Gründe, da für die große Mehrheit der Beschäftigungsverhältnisse weder die sexuelle noch die weltanschauliche Identität praktisch relevant sei. „Angesichts der Tatsache, dass der Betrieb der Einrichtungen ganz überwiegend oder vollständig von der öffentlichen Hand finanziert wird, ist diese Situation ein unerhörter Skandal“, betonte Wolf hier.

Er sagte weiter, dass gerade homosexuelle Menschen mit ihren Forderungen gegenüber der katholischen Kirche selbstbewusst auftreten können. „Was sie hier von der Kirche in Deutschland und auch der deutschen Politik einfordern, ist nicht weniger als die Einhaltung klarer und außerhalb der kirchlichen Institutionen eindeutig etablierter menschenrechtlicher Standards. Diese lassen einfach keine Benachteiligung wegen sexueller Orientierungen zu“, so Wolf weiter.

Vor allem die katholische Kirche und ihr deutscher Wohlfahrtsverband müssten sich daher bewegen, um durch eindeutige Schritte ihre tatsächlich vorhandene Verantwortung für das Leben von Menschen wahrzunehmen. Denn das Verhalten der Kirche hierzulande entfalte weltweit Wirkung, wie Frieder Otto Wolf unterstrich. „Bischof Stephan Ackermann muss deswegen auch an das schreckliche Leid erinnert werden, welches homosexuellen Menschen bis heute in vielen christlich geprägten Gesellschaften widerfährt, gerade aufgrund der jahrhundertelang von der Kirche gelehrten und durch sie vertretenen Sexualmoral. Da geht es um mehr als Arbeitsrecht: Denn vor allem in afrikanischen Ländern erleben homosexuelle Menschen bis heute nicht nur soziale Ausschließung und Geringschätzung, sondern echte Verfolgung, Gewalt und Tod“, erklärte Wolf.

Solange die Kirche und ihre Theologen diese Lehren nicht überwinden, sind sie daher auch für die auf dem afrikanischen Kontinent und anderswo auf der Welt erlebte Bedrohung und Zerstörung menschlicher Existenzen mitverantwortlich. Wenn in den kirchlichen Einrichtungen hierzulande Homosexuelle in einem zentralen Bereich wie dem Erwerbsleben nicht mehr länger benachteiligt und ausgeschlossen werden, wäre ein erster Schritt getan, um diese schuldhafte Verstrickung der Kirche zu überwinden. Wolf: „Hier geht es somit ganz klar um mehr als um Fragen des gegenseitigen Respekts, hier geht es letztlich auch um Menschenleben.“

Weiterführende Informationen

lsvd.de: „Date mit dem Bischof“

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