Eine reale Gefahr für Europa als Ganzes

HVD-Präsident äußert tiefes Bedauern über „Brexit“-Votum: Europafeindliche Stimmung in Großbritannien muss auch für die deutsche Zivilgesellschaft als dringender Weckruf wirken.

Zum Ergebnis des gestern im Vereinigten Königreich durchgeführten Referendums hat der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), Frieder Otto Wolf, am Freitag in Berlin gesagt: „Ich bedauere den Ausgang der Abstimmung außerordentlich. Eine nur knappe, aber letztlich klar erkennbare Mehrheit der britischen Bevölkerung hat zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht mehr an der auch als ein großes Friedens- und Zivilisationsprojekt angelegten Europäischen Union beteiligen will. Das Ergebnis des Referendums ist eine Zäsur in der Geschichte unseres Kontinents, die alle aufgeklärten Europäerinnen und Europäer als dringenden Weckruf empfinden sollten“, so Wolf.

Zuvor hatte das endgültige Ergebnis der Auszählung aller 382 Wahlkreise ergeben, dass 51,9 Prozent der britischen Bürgerinnen und Bürger gegen einen Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union (EU) gestimmt haben, während 48,1 Prozent sich dafür ausgesprochen haben. Vor allem viele jüngere Wahlberechtigte stimmten für den Verbleib, während eine deutliche Mehrheit bei den Wahlberechtigten über 65 Jahren dagegen gestimmt hat.

Frieder Otto Wolf sagte zum „Brexit“-Votum weiter: „Die Kräfte, die zu diesem Ergebnis des Referendums geführt haben, stellen nicht nur eine Gefahr für die Europäische Union dar, sondern für ganz Europa. Allen informierten Beobachtern muss klar sein, dass dieses Ergebnis längst nicht allein in den bekannten Demokratie- und Transparenzdefiziten bei den EU-Institutionen fußt, die auch erklärte Befürworter unserer Staatengemeinschaft kritisieren und deren Abbau unumgänglich ist. Und als humanistisch denkende Bürgerinnen und Bürger Europas sehen wir natürlich unsere Auffassung bekräftigt, dass die Transparenz in der EU und die demokratische Beteiligung der sie bildenden Menschen noch wesentlich besser werden muss, wenn sich dieser gravierende Verlust von Vertrauen nicht weiter fortsetzen und ausbreiten soll.“

Humanistinnen und Humanisten, die die Europäische Union vor allem als Friedens- und Zivilisationsprojekt angelegt sehen, sollten das Referendum zugleich als deutlichen Aufruf verstehen, sich noch entschlossener gegen rechtspopulistische und nationalistische Bewegungen zu wenden, die diese für Europa wesentlichen Ideen schwächen oder zerstören wollen, erklärte Wolf weiter. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass es gelingt, nicht nur die Demokratie und die Transparenz, sondern im europäischen Rahmen ebenfalls den Gemeinschaftssinn deutlich zu stärken. Dies kann nicht der ‚großen Politik‘ oder Institutionen als Aufgabe überlassen sein. Hier können und müssen sich alle Menschen selbständig beteiligen, die den Wunsch teilen, dass die Europäische Union auch in Zukunft als den Frieden sichernde sowie als den Ausgleich und die Gerechtigkeit fördernde Kraft wirken kann“, so der Präsident des Humanistischen Verbandes.

In den Debatten der kommenden Monate und Jahren müsse zudem auch immer im Blick behalten werden, dass die großen Fluchtbewegungen innerhalb und nach Europa zu den maßgeblichen Ursachen für dieses „Brexit“-Votum gehören. „Es kommt daher ganz entscheidend darauf an, sich mit den Ursachen der diesen Bewegungen zugrundeliegenden Krisen intensiv zu befassen und sie offenzulegen. Darauf kann nicht verzichtet werden, wenn das Nachdenken über die realen Gefahren für ganz Europa, die sich in diesem Ergebnis des ‚Brexit‘-Referendums manifestiert haben, nicht auf halber Strecke stecken bleiben soll“, unterstrich Frieder Otto Wolf.

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