Ein neues Jahr! Ein gutes Jahr?

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Erwin Kress

Vorstandssprecher des Bundesverbandes

Beitragsbild: cimddwc | CC BY 2.0 Generic

Viele Menschen haben die Hoffnung, dass 2021 besser wird als das vergangene Jahr - durch die Impfungen erscheint die Bewältigung der Covid-19-Pandemie nun greifbar. Doch die Pandemie ist längst nicht unser einziges Problem. Gedanken zum neuen Jahr von Erwin Kress, dem Vorstandssprecher des Humanistischen Verbandes Deutschlands.

Liebe achtsame Mitmenschen, liebe Freundinnen und Freunde unseres praktischen Humanismus,

möge Ihnen 2021 Freude, gute Gesundheit, Wohlergehen, Zuversicht und neue Möglichkeiten für ein zufriedenstellendes Leben bringen!

Was erwartet uns im neuen Jahr 2021? Die meisten Menschen auf der Welt freuen sich, dass das alte Jahr vergangen, oder, wie bei den Menschen in China, bald vorüber ist. Wir haben ein für die meisten von uns schwieriges Jahr erlebt. Aber das Coronavirus, das uns 2020 umgetrieben hat, verliert mit den Impfungen an Schrecken.

Wird 2021 ein gutes Jahr, wenn das Virus besiegt ist? Wir können so tun. Wir können wieder leben, wie es uns gefällt, auf Teufel komm raus.

Wirklich?

Leider nicht! Vielleicht spüren wir es noch nicht ausreichend, meinen noch, wegschauen zu können. Aber die Menschheit erlebt nun mehr und mehr die Folgen davon, dass sie seit Generationen rücksichtslos mit Natur und Umwelt umgeht, über ihre von der Natur gesteckten Verhältnisse lebt. Die Klimakrise ist nur ein Ausdruck davon. Manche Grönländer mögen es begrüßen, wenn sie künftig auf ihrer Insel Gemüse anbauen können. Die Containerschiffer mögen sich freuen, wenn sie eine eisfreie Nordroute befahren können. Dafür werden Millionen Menschen ihr Land wegen Überflutungen verlassen müssen. Zusammen mit der Ausbreitung von Dürregebieten wird dies neue Völkerwanderungen, neue Flüchtlingsströme zur Folge haben.

Andere menschengemachte Probleme kommen hinzu, zum Beispiel die Abholzung von Tropenwäldern, Vermüllung der Meere, Plünderung der Fischgründe. Die Ausweitung der Massentierhaltung geht auf Kosten der Lebensbereiche von Wildtieren, von nützlichen Insekten, ja auch auf Kosten unserer Gesundheit durch häufigere Pandemien. Der Rückgang günstiger Lebensumgebungen einerseits und der Kampf um Bodenschätze zur Deckung ständig steigender Konsum- und Komfortwünsche andererseits begünstigen mehr und mehr Verteilungskämpfe unter den Menschen, die immer wieder mit Waffengewalt ausgetragen werden.

So also ist die Ausgangslage. Für ein gutes Jahr? Es kommt darauf an!

Wir müssen unsere aktuelle Lage nüchtern analysieren, begreifen und als gegeben akzeptieren. Wenn wir gleichzeitig erkennen, dass sich die Menschheit selbst in diese Lage gebracht hat, dass sie menschengemacht ist, dann dürfen wir davon ausgehen, dass die Menschen die Lage auch wieder ändern, verbessern können. Dies wäre eine gute Erkenntnis. Und wenn wir Schritte in die erforderliche Richtung einleiten, dann kann es auch ein gutes Jahr werden.

Was könnten solche Schritte sein? Die Klimabewegung zum Beispiel hat viele solcher Ziele benannt. Doch es sind nicht nur Regierungen, die hier gefordert sind. In demokratischen Ländern hängt es sehr von der Bevölkerung, von uns ab, wie stark radikale Ziele verfolgt werden. Solange wir auf vielen Urlaubsflügen bestehen, auf von weit herbeigeschafften Nahrungsmitteln, auf großen Mengen Fleisch oder Fisch, auf ständig neuen Fahrzeugen oder Elektronikartikeln, geht die Regierung ebenso wenig voran wie unsere Bevölkerung weltweit. Wenig würde sich zum Guten ändern, ein weiteres schlechtes Jahr wäre die Folge.

Wir haben es in der Hand. Nehmen wir zum Beispiel die Nachhaltigkeitsziele, die die Weltgemeinschaft, die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen für 2030 formuliert haben. Danach müssten die Industrieländer ihren Fleischverbrauch auf Kosten des Klimas und der Biodiversität um mindestens die Hälfte reduzieren, von 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr auf 30. Das sollte doch zu erreichen sein. Vor etwa 60 Jahren war dieser Verbrauch möglich, ohne dass die Bevölkerung dadurch Mangel litt. Jüngere Leute gehen hier vorweg, versuchen zunehmend sich vegetarisch oder vegan und tierwohlbedacht zu ernähren.

Können wir sonst noch etwas tun? Ja doch, wir können Verschwendung jedweder Art in unserem Leben zurückdrängen, solche an Mitmenschlichkeit und Liebe ausgenommen.

Und wir können der Politik auf die Füße treten und auf die Finger schauen. Es ist beispielsweise für friedliebende Menschen schwer zu ertragen, dass wir immer noch in großem Maßstab Kriege und Kriegsgefahr befeuern durch unsere Waffenexporte. Deutschland führt jährlich Rüstungsmittel für sechs bis acht Milliarden Euro aus. Rüstungsmittel im Wert von mehr als einer Milliarde Euro haben wir 2020 an Länder geliefert, die in die Konflikte in Jemen und Libyen verwickelt sind.

In diesem Jahr sind wieder Bundestagswahlen, wo sich jede*r von uns für eine humane Zukunft oder ein nicht verantwortbares Verharren und Weiter-so entscheiden kann.

Wir können im Vorfeld untereinander und mit den Parteien streiten. Das tun wir als humanistisch Gesinnte nicht besserwisserisch. Wo und wann auch immer wir uns für ein besseres Leben einsetzen, legen wir Wert auf ein Palaver im positiven Sinn, in dem alle einander achten, zuhören und ernstnehmen.

Wir legen Wert auf die Würde, unsere und die der anderen. Wo Würde, Mitfühlen und Sorge um ein gerechtes Miteinander fehlen, reduziert sich der Einsatz für den Erhalt günstiger, natürlicher Lebensbedingungen auf einen nackten Existenzkampf.

Es muss der Geist der Solidarität sein und das Engagement für den menschlichen Fortschritt, was uns als Gemeinschaft auszeichnet. Humanistische Ideen sind mehr als nur eine Philosophie, sie sind eine Lebenseinstellung, die auf Vernunft, Freundlichkeit und Toleranz beruht – Dinge, die die Welt jetzt wirklich braucht.

Sorgen wir dafür, dass wir gut leben können, in jeder Beziehung!
Möge es ein gutes Jahr werden!

Erwin Kress
Vorstandssprecher des HVD Bundesverbandes

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