Spätabbruch der Schwangerschaft darf kein Tabu bleiben – Gegen die bestehende Praxis der Indikation!

2025-01-29_Podium

Beitragsbild: Humanistischer Verband Deutschlands – Bundesverband

Bei einem auffälligen fetalen pränatal diagnostischen Befund ist ein später Schwangerschaftsabbruch immer möglich, wird oft sogar nahegelegt. Wenn eine Fortsetzung der Schwangerschaft jedoch aus anderen Gründen für die schwangere Person unerträglich ist, ist ein Bahnticket in die Niederlande für viele die einzige Option für einen Abbruch. Die Bundesbeauftragte für Frauen* und Diversity des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Dr. Christine Zunke, betont: „Was wir primär brauchen, ist keine neue Indikationsregelung, sondern eine andere Praxis.“

Ein Großteil der Spätabbrüche folgt nach einem pränatal diagnostischen Befund. Durch die verbesserte Diagnostik steigt die Zahl dieser Abbrüche aufgrund eines fetopathischen Befundes seit Jahren an. Die sogenannte medizinische Indikation im § 218a StGB wird heutzutage in der Praxis so ausgelegt: Die Gesundheit der jeweils abtreibungswilligen Schwangeren sowie zukünftigen Mutter wäre dadurch unzumutbar gefährdet, dass der Fetus pränatal als behindert oder organisch krank diagnostiziert worden ist. Eine solche „embryo-/fetopathische“ Selektion sollte aber seit 1995 gerade mit der vielbeschworenen „Kompromissversion“ des § 218 StGB ausgeschlossen werden.

Gita Neumann, Bundesbeauftragte für Medizinethik des Humanistischen Verbandes Deutschland – Bundesverband, erklärt: „Dies geschah damals auf Druck von Behindertenverbänden mit massiver Unterstützung von Kirchen und der CDU. Wer es mit dem Schutz ungeborenen Lebens tatsächlich so ernst meint wie propagiert, dürfte sich auch aus besagtem Grund einer Reform des Schwangerschaftsabbruchs nicht länger verweigern. Die Strafrechtsregelungen in § 218 f. StGB sind in sich durch und durch widersprüchlich und haben sich auch in der jüngsten Bundestagsdebatte von Befürwortern des Status Quo als argumentativ nicht mehr vertretbar gezeigt.“

Am 29. Januar 2025 diskutierte der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband die Frage: Wie kann der Schwangerschaftsabbruch nach der 20./22. Woche geregelt werden? In der ersten Keynote legte Sozialwissenschaftler*in und Journalist*in Kirsten Sasha Achtelik den Fokus auf die Gesellschaft, die trotz allem Reden von Inklusion Behinderung vielfach immer noch mit Sorgen, Leid, Belastung und Schmerzen assoziiert. Achtelik zog damit in Zweifel, wie selbstbestimmt die Entscheidung für den Abbruch einer grundsätzlich gewollten Schwangerschaft bei einem Befund bei der pränatalen Diagnostik sein kann. Judith Hennemann und Dr. Marina Mohr von der Beratungsstelle zu Schwangerschaft und Pränataldiagnostik Cara berichteten in der zweiten Keynote von ihren Erfahrungen: „Wo laut Gesetz die Gesundheit der schwangeren Person den Ausschlag für einen Abbruch geben sollte, erleben wir in der Praxis in den meisten Fällen eine Fortführung einer eugenischen/fetopathischen Indikation.“

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Dr. Rebecca Maskos, Professorin für Disability Studies an der Alice Salomon Hochschule Berlin, Silke Koppermann vom Arbeitskreis Frauengesundheit, Dr. Marina Mohr von der Beratungsstelle zu Schwangerschaft und Pränataldiagnostik Cara sowie der Bundesbeauftragten für Medizinethik des Humanistischen Verbandes Deutschland – Bundesverband, Gita Neumann wurde deutlich, dass um Lösungen zu finden ein weiterer Austausch wichtig und nötig ist. Der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband hat die gesellschaftliche Debatte angestoßen und damit gezeigt, dass möglichst viele Interessen berücksichtigt und in gegenseitiger Wertschätzung und Offenheit geführt werden könne.

Einen ausführlichen Bericht zur Veranstaltung finden Sie hier.

Zur ersten Veranstaltung der Reihe „Neuregelung § 218 StGB“ hatte der Humanistische Verband Deutschlands – Bundesverband am 13. November 2024 zusammen mit der Humanistischen Akademie Deutschland zu einer öffentlichen Debatte zu „Frauenrecht und Fötenschutz!“ eingeladen.

Anmerkung zur Transparenz: 
Diese Pressemitteilung wurde am 3. Februar 2025 aktualisiert.

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