Das Urteil ist ein Erfolg für die Grund- und Menschenrechte“, sagte Helmut Fink, stellvertretender Präsident des HVD, am Samstag. Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 8. September 2011 (2 AZR 543710) über die Kündigung eines Chefarztes durch ein Krankenhaus in Trägerschaft der katholischen Kirche wurde im Verbandspräsidium begrüßt. Das Bundesarbeitsgericht hatte die Kündigung eines katholischen Chefarztes nach einer erneuten Heirat als sozial ungerechtfertigt beurteilt.
„Eine besondere Loyalitätspflicht gegenüber Tendenzbetrieben muss grundsätzlich legitim bleiben“, sagte Fink zum Urteil. „Es liegt im Wesen eines weltanschaulichen Anspruchs begründet, dass in Kernbereichen einer Tätigkeit – etwa im verkündigungsnahen Bereich – nicht unmittelbar gegen die Identität der Organisation gehandelt werden darf. Jedoch auch Kirchen und andere Weltanschauungsverbände, die im säkularen Staat und in der modernen Gesellschaft agieren, sollen diese Loyalität nicht überstrapazieren können“, so Fink weiter. Das Recht zur Inanspruchnahme einer Loyalitätspflicht durch Arbeitgeber darf weder dazu führen, dass sie in das Privatleben ihrer Angestellten hineinregieren, noch in einer Aushebelung des allgemeinen Arbeitsrechts resultieren. Eine klare Trennung zwischen der Funktion als Arbeitnehmer und der Rolle als Privatperson in einer Gesellschaft auf dem Fundament des Grundgesetzes muss durch alle akzeptiert werden.
Fink wies daraufhin, dass bei dem entgegengesetzten Versuchen in einer freien Gesellschaft die Regeln des allgemeinen Wettbewerbs greifen können sollten. Wer als Arbeitgeber aufgrund einer moralischen Anspruchshaltung gegenüber Kernbereichen des Privatlebens unattraktiv für Beschäftigte ist oder wird, solle mit dem Verlust seines Arbeitnehmers rechnen müssen. „Hier geht es um die Freiheit und die Selbstbestimmung auf beiden Seiten. Damit das im Arbeitsmarkt funktionieren kann, muss es aber in ausreichender Anzahl Alternativen geben.“
Der säkulare Staat steht deshalb in der Verantwortung, faktische Monopolstellungen der katholischen Kirche in Bereichen des Arbeitsmarktes aufzubrechen, erklärte Fink. Statt dem früheren Grundsatz „Cuius regio, eius religio“ müsse sich heute der Grundsatz „religio sive humanitas“ durchsetzen – um im Zweifel eine Entscheidung für die Menschlichkeit zu garantieren. Helmut Fink betonte schließlich, dass der Verband bei diesem wichtigen Thema auch die Zusammenarbeit mit reformorientierten Bündnissen innerhalb der katholischen Kirche sucht.