„Es ist keinem Patienten zuzumuten, leiden zu müssen, weil Apotheken vielleicht gerade geschlossen haben oder schwer zu erreichen sind und deshalb kein Zugang zu starken Schmerzmitteln möglich ist“, so Gita Neumann, Bundesbeauftragte für Humanes Sterben im Humanistischen Verband Deutschlands (HVD). „Dass Ärzte eine strafbare Handlung begehen, wenn sie Sterbende für das Wochenende mit unter das Betäubungsmittelgesetz fallende Schmerzmittel bevorraten, ist einfach absurd.“
In Deutschland droht niedergelassenen Ärzten eine Gefängnisstrafe, wenn sie ihren unheilbar kranken Patienten starke Schmerzmittel überlassen, um etwa die Zeit bis zum nächsten Werktag zu Hause zu überstehen. Verantwortlich dafür ist nicht etwa das Strafgesetzbuch, sondern ein Abgabemonopol für Apotheker. Nach geltendem Recht darf das rezeptpflichtige Medikament auch im Notfall nur bei diesen abgeholt werden. Das ist aber an Sonn- und Feiertagen sowie im ländlichen Raum oft schwierig. Dies will Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr nun in der Apothekenbetriebsordnung und im Betäubungsmittelrecht ändern.
„Man kann von Glück sagen, dass fast allen Ärzten unbekannt ist, dass es im nicht-stationären Bereich bislang nur für Hospizbewohner und -bewohnerinnen eine Sonderregelung gibt. So wurde und wird ständig Gesetzesbruch gegen dieses überfällige Apothekenprivileg begangen“, so Gita Neumann weiter.
Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte vor einigen Jahren erst der Fall des Palliativmediziners Thomas Sitte. Ihm hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, sie können im Wiederholungsfall nicht von einer Bestrafung absehen. Aus Protest schloss der renommierte Arzt daraufhin seine Praxis und wandte sich 2010 an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages. Diese Initiative, die auch vom HVD mit Aufrufen unterstützt wurde, scheint nun zum Erfolg geführt zu haben.
Der HVD betreibt in Berlin ein stationäres Hospiz, ambulante Hospizdienste (darunter mit interkulturellem Schwerpunkt) und eine Koordinierungs- und Vernetzungsstelle rund um Familien mit schwerkranken und betreuungsintensiven Kindern.