„Frauen, die ein ernsthaftes Interesse an der Sicherung der weiblichen Emanzipation haben, können das bei den Grundfragen nach Wegen zur Gleichberechtigung zu keiner Zeit ausblenden“, sagte Wolf. Eine Gesellschaft, in der die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern fair und solidarisch gestaltet sind, sei ohne wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen, die der Fairness und Solidarität zwischen den Menschen umfassend einen hohen Stellenwert zumessen, nicht machbar.
Nicht nur die Glaubenssätze der monotheistischen Religionen waren eine maßgebliche Ursache dafür, dass bei dem Ringen um die Sicherung von gleichberechtigten und würdigen Lebensbedingungen für Frauen nur sehr langsam Fortschritte und immer wieder Rückschläge zu verzeichnen waren, so Wolf weiter. „Wo das Primat eines radikalen Wettbewerbs zwischen den Individuen, der Glaube an sozialdarwinistische Ideen, das Menschenbild des homo oeconomicus oder den vollkommen freien Markt bestimmend sind, wird sich die Emanzipation von Frauen auch dann nicht durchsetzen können, wenn viele Menschen den Ideen der patriarchalischen Religionen nicht mehr anhängen.“
Selbst eine Gesellschaft, die umfassend säkularisiert sei, könne allein aufgrund dieser Eigenschaft keine Garantie dafür bieten, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter verwirklicht und gesichert wird. „Bevormundung, Entrechtung, Geringschätzung und entwürdigende Reduzierungen zur materiellen Ware können nicht nachhaltig vermieden werden, wenn es nicht als Teil in einer ganzheitlichen politischen Aufgabe verstanden wird. Frauen jeden Glaubens, die für sich, ihre Schwestern und Töchter, Enkelinnen und Freundinnen eine nachhaltige Befreiung von den Benachteiligungen und der Gewalt sichern wollen, sollten die Effekte von entfesseltem Kapitalismus und übertriebenem Egoismus auf die Gesellschaften als Ganzes niemals ignorieren.“ Frauen, Kinder und Minderheiten seien nicht nur in Krisen zuerst die Opfer, erinnerte er dabei erneut.
Wolf sagte weiter, dass auch in Zukunft eine gleichberechtigte Stellung für Frauen in den Gesellschaften nur durch dauerhaftes Engagement erlangt und gesichert werden kann. Hier sei es aus seiner Sicht von hoher Wichtigkeit, dass konkurrierende Bestrebungen nicht die Bedeutung von Kooperation und Solidarität aus dem Blick verlieren. „Wenn das humanistische Ziel der Befreiung der Frauen aus geschlechtsbedingter Abhängigkeit und patriarchalischen Unterdrückungsverhältnissen gelingen soll, bleiben breite Allianzen und die umsichtige Zusammenarbeit mit allen an einer Verbesserung unserer Verhältnisse interessierten Menschen, die keine Frauen sind, unverzichtbar.“