Die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt auch bei den Fragen der letzten Phase des Lebens die Bevormundung ab. Daran hat am Dienstag in Berlin der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), Frieder Otto Wolf, erinnert. „Verbote, welche die Autonomie einsichts- und freiwillensfähiger Menschen, die unter einer unheilbaren Krankheit leiden, aushebeln, sind eine Politik gegen die Menschenwürde“, betonte Wolf dabei.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe hatte zuvor in der „Rheinischen Post“ gefordert, dass jede geschäftsmäßige Beihilfe zu einem Suizid unter Strafe gestellt werden sollte. Die zwei großen christlichen Kirchen sprechen sich seit Jahren für das gesetzliche Verbot von jeder „organisierten“, „gewerbsmäßigen“, „institutionalisierten“ und „geschäftsmäßigen“ Beihilfe zum Suizid aus.
Künftig bestraft werden sollen demnach schon Ärzte, die wiederholt aus reinem Mitleid und unter Beachtung der standesmäßigen Verpflichtungen todkranke, leidende Menschen in ihrem Recht auf Selbstbestimmung unterstützt haben: diese Ärzte könnten dann wegen geschäftsmäßiger Beihilfe zu einem Suizid angeklagt werden.
Im Gegensatz zum von den Kirchen und ihren Vertretern in der Politik gewollten extremen Verbot befürwortet der HVD nur Regelungen, welche die Suizidbeihilfe aus Profitinteresse und die Werbung für den Suizid unterbinden. Präventions- und Beratungseinrichtungen für Menschen mit Suizidabsichten sollten ebenso gestärkt wie die Zustände in der Pflege verbessert werden, um möglichst vielen Menschen ein Lebensende in Würde zu ermöglichen.
„Aber auch die bestmögliche Pflege kann hier nicht ein Argument gegen das Recht auf Selbstbestimmung am Lebensende sein“, betonte Frieder Otto Wolf schließlich.
Was der Erhalt der Würde eines sterbenden Menschen verlangt, könne nicht allein durch die Möglichkeiten pflegerischer Fürsorge, medizinischer Technologie und Hochleistungsmedizin bestimmt sein. „Der betroffene Mensch muss diese Möglichkeiten auch selber wahrnehmen wollen.“
Wolf: „Eine gesetzliche Leidenspflicht, wie sie die Forderung nach solchen Verboten in letzter Konsequenz mit nach sich zieht, entspricht nicht nur nicht dem Willen der meisten Menschen in Deutschland, sie wäre auch verfassungswidrig und prinzipiell mit einer freiheitlichen Grundhaltung nicht zu vereinbaren. Das hatten die Vertreter des Koalitionspartners der Unionsparteien in der vergangenen Legislaturperiode klug erkannt. Wir hoffen, das erkennt auch der für solche Regelungen jetzt tatsächlich zuständige Minister.“