Mindestmaß an Würde müssen auch Pflegebedürftige besitzen

Humanisten begrüßen Pläne des Sozialverbands VdK, Klage beim Bundesverfassungsgericht wegen grundrechtswidriger Zustände im Pflegesystem zu erheben.

VdK-Präsidentin Ulrike Mascher hatte am vergangenen Donnerstag gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ erklärt, dass sich eine entsprechende Verfassungsbeschwerde in Vorbereitung befindet. Mit mehreren Musterklagen sollen ein Mindeststandard an Pflege sichergestellt sowie grundlegende Verbesserungen auch für Demenzkranke und eine stärkere Förderung der häuslichen Pflege erreicht werden.

Erwin Kress, Vizepräsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) und Sprecher zum Themenbereich „Autonomie am Lebensende“, sagte dazu: „Wir sind sehr froh, dass damit nun endlich die seit vielen Jahren unzureichende Pflegepolitik der Bundesregierung auf den Prüfstand kommt.“

Hier hatte die Juristin Susanne Moritz im Rahmen einer im letzten Jahr vorgelegten Promotionsarbeit mit dem Titel „Staatliche Schutzpflichten gegenüber pflegebedürftigen Menschen“ nachgewiesen, dass die Pflegepolitik in der Bundesrepublik Deutschland grundlegende Rechte der Pflegebedürftigen verletzt. Falsche oder ungenügende psychische und physische Behandlung, Vernachlässigung und Freiheitseinschränkung sind eher die Regel als die Ausnahme.

Kress: „Die Qualitätsvorgaben und die Prüfungen durch die Heimaufsicht, auf die sich jetzt die Sprecherin von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe beruft, greifen ja nicht wirklich. Im Gegenteil, Bürokratisierung in diesen Bereichen geht auf Kosten der ohnehin zu gering bemessenen Pflegezeit in den Heimen.“ Außerdem stünden Kranken- und Pflegeversicherung einander im Weg, wenn es um eine bessere Betreuung geht.

„Das Hauptproblem liegt aber darin, dass bei den großen Parteien das Soziale nur noch im Namen steht. Dies wird auch deutlich durch das Jahresgutachten, welches der Paritätische Gesamtverband gerade vorgelegt hat“, so Erwin Kress schließlich. Die Politik in einem reichen Land wie der Bundesrepublik Deutschland finde keine Mittel, den gravierenden Missständen im Pflegebereich und der zunehmenden Verbreitung von Armut entgegenzuwirken, weil sie daran kein Interesse habe, vermutet Kress. „Den Grad der Zivilisation einer Gesellschaft kann man auch am Umgang mit ihren Pflegebedürftigen, Alten und Armen ablesen. Sie sind ebenfalls Menschen, denen ein Mindestmaß an Würde zukommen muss. Das zu missachten bedeutet, sie zu verachten.“

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