Als einen wichtigen und wertvollen Schritt auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Religionspolitik hat heute der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, Frieder Otto Wolf, den ersten Abschlussbericht der Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ von Bündnis 90/Die Grünen bezeichnet. Der Bericht ist am Donnerstag von Bettina Jarasch, federführender Leiterin der religionspolitischen Kommission und Mitglied des Bundesvorstandes, und der Grünen-Bundesvorsitzenden Simone Peter in Berlin vorgestellt worden. „Mit dem Bericht ist die Messlatte für alle Diskussionen über ein zukunftsfestes Verhältnis zwischen Staat und religiösen sowie nichtreligiösen Bürgerinnen und Bürgern ein großes Stück nach oben gerückt worden. Hinter die dort formulierten Positionen und Vorschläge sollte in Zukunft keine Partei mehr zurückfallen, die die vom Grundgesetz vorgesehene Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Menschen mit und ohne Konfession als aktuelle und bleibende politische Aufgabe anerkennt“, sagte Wolf dazu.
Der heute vorgestellte Bericht formuliert erstmals in umfassender Weise konkrete Vorschläge und Positionen zu einer zeitgemäßen Gestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und der religiös und weltanschaulich pluralistischen Gesellschaft, zum Abbau von Benachteiligungen im Arbeitsrecht, zur Transparenz von kirchlichen Finanzen sowie zu Verfahren im Umgang mit ethischen Grundsatzfragen. Der Bericht ist das Ergebnis von mehr als zweijähriger Arbeit einer 24-köpfigen Kommission, die 2013 vom Bundesparteivorstand auf Vorschlag des Arbeitskreises Säkulare Grüne eingerichtet worden war. Der Bericht soll im Herbst 2016 der Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen zur Verabschiedung vorgelegt werden.
„Viele der im Bericht enthaltenen Vorschläge zu aktuellen religionspolitischen Fragestellungen sind aus unserer Sicht richtungsweisend“, sagte Frieder Otto Wolf weiter. Beispielsweise verwies Wolf dabei auf die ausdrückliche Benennung des Bedarfs an der Einbeziehung und Beteiligung konfessionsfreier Menschen sowie nichtreligiöser Weltanschauungsgemeinschaften, etwa in Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sowie auf die im Bericht formulierte Kritik am Status quo der die Kirchen privilegierenden Situation im Arbeitsrecht.
Hintergründe des wachsenden Bedarfs an gesetzlichen Reformen, aber auch an Neujustierungen der politischen Praxis bei der Gleichbehandlung und Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern ohne religiöses Bekenntnis, bilden eine stetig zunehmende Zahl nichtreligiöser Menschen sowie eine größer gewordene weltanschauliche Pluralität inner- und außerhalb der Konfessionsgemeinschaften. Der Humanistische Verband Deutschlands setzt sich dabei ein für ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes und bevormundungsfreies Zusammenleben aller Bürgerinnen und Bürger und gegen Benachteiligungen aufgrund des religiösen bzw. weltanschaulichen Bekenntnisses.
„Freilich sehen wir weiterhin diverse Bereiche, in denen die Debatte über ein zeitgemäßes Verhältnis zwischen Staat, Religion und Weltanschauungen auch mit diesem schönen Bericht noch nicht beendet sein kann“, so Frieder Otto Wolf. „Hier werden wir weiterhin den Dialog mit Bündnis 90/Die Grünen suchen und Impulse einbringen.“
Aus seiner Sicht müssten sich jetzt vor allem aber alle anderen demokratischen Parteien dazu herausgefordert sehen, ebenfalls konkret Auskunft über ihre Haltungen in den im Bericht aufgeführten Themenbereichen zu geben. „Nicht nur als Verband, sondern auch als individuelle Wählerinnen und Wähler können und sollten wir klare Antworten zu solchen Fragen zukünftig noch aktiver einfordern“, betonte Wolf abschließend.
Weiterführende Informationen
Bericht „Gläserne Wände“ zur Benachteiligung nichtreligiöser Menschen in Deutschland