Angehörige von Konfessionsgemeinschaften und Menschen ohne ein religiöses Bekenntnis müssen in der Bundesrepublik Deutschland konsequent gleichberechtigt und gleichbehandelt werden. Dafür sind gesetzgeberische und andere politische Reformen unverzichtbar. So lautete der zentrale Konsens des ersten Spitzengesprächs zwischen Vertretern von Bündnis 90/Die Grünen, des Humanistischen Verbandes Deutschlands und weiterer im Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) versammelter Vereinigungen am gestrigen Montagnachmittag in Berlin.
An dem Spitzengespräch teilgenommen haben neben Bettina Jarasch, Cem Özdemir und Michael Kellner von Bündnis 90/Die Grünen der Präsident des Humanistischen Verbandes, Frieder Otto Wolf, sowie Vertreter weiterer KORSO-Mitgliedsvereine, darunter der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, Michael Schmidt-Salomon.
Frieder Otto Wolf betonte bei dem Treffen in Berlin, dass der Humanistische Verband für die konsequente Umsetzung von kooperativem Laizismus eintritt, wie ihn das deutsche Grundgesetz vorsieht. Laut Grundgesetz ist die Bundesrepublik Deutschland ein weltanschaulich neutraler Staat. Praktisch bedeute dies, dass sowohl das Recht auf Freiheit zur und in der Religion wie auch das Recht auf Freiheit von Religion in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen. Dies sei in vielen Bereichen noch nicht der Fall. Benachteiligungen aufgrund des weltanschaulichen Bekenntnisses, von denen Individuen betroffen sind, müssen daher in Zukunft ebenso abgebaut werden wie die bestehenden Defizite bei der vom Grundgesetz ausdrücklich vorgeschriebenen Gleichbehandlung von weltanschaulichen Gemeinschaften nichtreligiöser Menschen.
Wolf sagte außerdem, dass die Mitglieder des Humanistischen Verbandes den Anspruch haben, sich durch Stellungnahmen wie auch praktische Projekte und Angebote nicht lediglich in einem eng begrenzten Themenfeld zu engagieren. „Es geht uns nicht nur um Religionspolitik, sondern auch um Gesellschaftspolitik“, sagte Wolf. Er unterstrich dabei, dass die Mitglieder und Unterstützer des Verbandes sich deshalb vielfach auch dort in die Gesellschaft einbringen, wo weltanschauliche Identitäten oder Positionen nicht im Vordergrund stehen. „Wenn es um die Förderung humanistischer und humanitärer Anliegen geht, suchen wir auf allen Seiten nach Bündnispartnern“, so Wolf.
Für den vor kurzem vorgestellten Abschlussbericht der religionspolitischen Kommission von Bündnis 90/Die Grünen brachte Frieder Otto Wolf nochmals seine Anerkennung zum Ausdruck. Die im Bericht enthaltenen Positionen und religionspolitischen Reformvorschläge entsprechen in vielen Punkten den Positionen und Forderungen des Humanistischen Verbandes. Deutliche Übereinstimmung gab es hier auch darin, dass eine Kooperation zwischen staatlichen Institutionen und anerkannten Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften weiterhin möglich sein müsse, da diese Teile und Träger einer lebendigen Zivilgesellschaft in Deutschland sind. Vereinnahmungsversuche, religiöser wie nichtreligiöser Prägung, seien hingegen abzulehnen.
Bei dem Spitzengespräch hob der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands erneut hervor, dass das Land Berlin in wichtigen Bereichen wie dem wertebildenden Unterricht an öffentlichen Schulen, bei der Beteiligung von Konfessionsfreien-Verbänden und der öffentlichen Förderung humanistischen Engagements eine Vorbild- und Vorreiterrolle einnimmt. „Konfessionsfreie und nichtreligiöse Menschen dürfen im weltanschaulich neutralen Staat nicht wie Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Wir wünschen uns darum, dass sich weitere Bundesländer den positiven Beispielen in der politischen und gesetzlichen Praxis anschließen und erwarten, dass Bündnis 90/Die Grünen sich als starke Partner in die entsprechenden Debatten vor Ort einbringen. Ich bin überzeugt, dass damit die Rahmenbedingungen für eine auch in Zukunft sich weiter wandelnde weltanschauliche Landschaft in zeitgemäßer und tragfähiger Weise gestaltet werden können“, sagte Frieder Otto Wolf.