Deutschland ist so eng mit seinen Nachbarländern verbunden, wie nie zuvor in seiner Geschichte. Diese Nähe und den Austausch verdanken wir der Europäischen Union, in der sich die meisten europäischen Staaten politischen und wirtschaftlichen zusammengeschlossen haben. Die EU ist trotz all ihrer Schwächen und Unzulänglichkeiten eine politische Errungenschaft, die mit noch nie dagewesener Nachhaltigkeit für Frieden auf unserem Kontinent gesorgt hat. Im Zuge des wirtschaftlichen Zusammenwachsens wurde auch immer wieder die Frage nach den Grundwerten der Europäischen Union gestellt. Wir als Humanistische Verband Deutschlands sehen es als unsere dauerhafte Aufgabe, uns an dieser Diskussion zu beteiligen. Wir sehen es als unsere Verpflichtung, uns in den laufenden Diskurs um die Überzeugungen, Werte und Normen einzubringen, die als Grundlage unseres Zusammenlebens in Europa gelten dürfen.
Unser humanistischer Blickwinkel eröffnet uns eine spezifische Sichtweise auf die europäische Geschichte, die unterschiedlichen kulturellen Strömungen und die politischen Rahmenbedingungen, die zu gewährleisten haben, dass wir Frieden praktizieren, dass Menschenrechte zur Geltung kommen, dass Solidarität und Mitmenschlichkeit gelebt werden.
Humanistische Lösungen für globale Krisen
In unserer gegenwärtigen Zeit, die geprägt ist von verschiedenartigen globalen Krisen kommt es darauf an, dass wir uns zu Wort melden: Wir müssen auf die Potenziale hinweisen, die humanistische Grundsätze für ein von gegenseitiger Achtung und Wertschätzung geprägtes Miteinander zu bieten haben. Diese reichen vom Miteinander in den kleinsten kommunalen Gebietskörperschaften bis hin zu den staatenübergreifenden politischen Konstellationen. Von unseren humanistischen Überzeugungen ausgehend können wir Fragen an die Europapolitik stellen und Anregungen geben.
Wir nehmen diese Aufgabe auf verschiedenartige Weise wahr. Durch unsere Mitgliedschaft in der European Humanist Federation (EHF) stärken wir die Repräsentanz humanistisch gesinnter Europäer bei den verschiedenen EU-Gremien. Wir machen aber auch mit eigenen Aktivitäten auf Anliegen aufmerksam, die uns im Blick auf eine konstruktive und zukunftsorientierte Europapolitik als unabdingbar erscheinen: die Durchsetzung von Menschenrechten, eine gerechte Wirtschaftsordnung, Solidarität innerhalb und außerhalb der EU-Grenzen. So haben wir vor der letzten Wahl zum Europäischen Parlament Wahlprüfsteine an mehrere Parteien verschickt. Wichtig waren uns dabei vor allem Fragen der selbstbestimmten Lebensführung, die Trennung von Staat und Religion und die Gleichbehandlung religiöser und nichtreligiöser Menschen im öffentlichen Raum (Link).
Toleranz und Vielfalt statt Nationalismus und Ausgrenzung
Europa steht derzeit durch die vielen Menschen, die in den letzten Jahren bei uns Zuflucht vor Krieg und Not gesucht haben und immer noch suchen, vor einer großen Herausforderung. Auch hier hat der HVD öffentlich Stellung bezogen und hat konkrete ethische Grundsätze zu einer humanen Flüchtlingspolitik formuliert (Link „Humanistische Perspektiven zur Flücktlingsaufnahme und -politik“).
Darüber hinaus hat der HVD sich mehrfach an öffentlichen Aufrufen zivilgesellschaftlicher Bündnisse beteiligt. Wir wollen immer wieder die Notwendigkeit verdeutlichen, dass die europäische Politik gerade in Krisenzeiten Humanität, Solidarität und die Akzeptanz von Vielfalt unter Beweis stellen muss und sich den aufkommenden nationalistischen, rassistischen und sonstigen menschenverachtenden Gedanken entschieden entgegenzustellen hat (Links zu den Aufrufen von 2015 und 2016).
Gerade jetzt wo die Corona-Pandemie, die schon bestehenden Krisen noch weiter verschärft, müssen wir uns in Europa auf unsere gemeinsamen Werte besinnen! Vor allem die konkrete Umsetzung von Solidarität mit den am stärksten betroffenen Ländern muss unserer Priorität sein. So können wir durch gemeinsame Anstrengungen die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie lindern und durch noch engere Zusammenarbeit in Zukunft ähnliche Krisen vermeiden.