Betreuungsgeld ist „gleichstellungspolitisch absurd“

Ines Scheibe begrüßte wachsende Kritik am geplanten Betreuungsgeld.

„Die hinter dem Betreuungsgeld stehenden Konzepte widersprechen klar unseren Vorstellungen darüber, wie staatliche Mittel zur Förderung von Kindern und Frauen in unserer Gesellschaft eingesetzt werden sollten. Die nun weiter wachsende Kritik am Plan der Regierungskoalition, dieses von der CSU forcierte Konzept tatsächlich umzusetzen, begrüße ich“, sagte Ines Scheibe aus dem Präsidium des Humanistischen Verbandes Deutschlands am Mittwoch in Berlin.

Hintergrund der weiteren Debatte ist eine neue Prognose, laut der sich die Kosten für das Betreuungsgeld auf bis zu 2 Milliarden Euro jährlich belaufen werden. Das wäre deutlich mehr als bisher veranschlagt. Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD riet der Bundesregierung von der Einführung ab, da es zu einer Zementierung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern führen werde und die Chancen von Kindern, hochwertige Betreuungseinrichtungen mit kindesgerechten Förderungen in Anspruch zu nehmen, einschränkt.

Scheibe erinnerte daran, dass sich der Bundesverband bereits zuvor deutlich gegen das Betreuungsgeld ausgesprochen hatte. „Familien- und Rollenmodelle, die trotz der offenkundigen Nachteile für Frauen und Kinder derart prämiert werden sollen, sind ein Relikt des christlich-konservativen Denkens. Ich würde mich freuen, wenn dieser Rückfall auch in den Regierungsparteien noch erkannt und verhindert werden kann.“

Alle Maßnahmen, welche zusätzliche Anreize dafür setzen, dass Frauen längere Zeit von der Erwerbsarbeit abgehalten werden, seien aus humanistischer Perspektive nicht zu befürworten. Der Aufbau von Anreizsystemen, welche die in Jahrzehnten aufwändig entwickelten und bewährten Konzepte zur Sozialisation und Frühbildung von Kindern einfach ignorieren, sollte nicht noch staatlich unterstützt werden.

„Die mit diesem Betreuungsgeld geförderten Rückschritte in eine soziale Vormoderne sind mit einer aufgeklärten und emanzipierten Familien- und Frauenförderungspolitik nicht zu vereinbaren. Es ist eine reine Klientelmaßnahme“, so Scheibe.

Eltern sollten zwar selbstverständlich das Recht besitzen, über die Art der Betreuung ihrer Kinder selbst zu bestimmen. Anreize für die in einigen Regionen tradierte Praxis der individuellen häuslichen Betreuung zu schaffen sei jedoch „unvernünftig und gleichstellungspolitisch absurd“. Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist es, allen Kindern gleichermaßen gute Angebote zur Betreuung und Förderung zur Verfügung zu stellen. „Die für das Betreuungsgeld geplanten Mittel sollten unbedingt sinnvoller und nachhaltiger eingesetzt werden.“

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