Eine alte Tradition mit modernem Sinn: Schon seit Jahrtausenden nutzen vielen Kulturen der Welt das astronomische Ereignis der Sonnenwenden, um Feste zu feiern. Auch eine wachsende Zahl nichtreligiöser Menschen nimmt seit einigen Jahrzehnten die Sommersonnenwende zum Anlass, am „längsten Tag des Jahres“ den Dialog über ihre Überzeugungen und Erfahrungen zu erneuern und sich bei gemeinsamen Feiern zu begegnen, wiederzusehen und auszutauschen.
Humanistinnen und Humanisten können weltweit Fortschritte feiern
Was einst reine Science-Fiction gewesen war, ist nun alltägliche Realität: Millionen von Menschen auf der Erde, die ihr Leben nach dem zentralen humanistischen Grundsatz „Freiheit in sozialer Verantwortung“ führen, stehen heute unmittelbar miteinander in Verbindung.
Nicht mehr nur in den Ländern des westlichen Kulturraumes, sondern auch in anderen Regionen verbinden sich mit Hilfe des Internets und der sozialen Netzwerke immer mehr Menschen, die ihr Leben ohne religiöse Ideen führen. Auch in Asien, Südamerika und Afrika schließen sie sich online und offline in Gruppen zusammen, um gemeinsam für Freiheit im Denken und positive Veränderungen in der Welt zu sprechen, zu denken, zu arbeiten. Und mehr und mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass wirkliche Alternativen zu den Religionen erforderlich sind und die bloß individuelle Ablehnung traditioneller Glaubensvorstellungen keine echten Fortschritte bringt. So können wir uns heute unter anderem über das Entstehen erster säkularer und humanistischer Schulen in einigen afrikanischen Ländern freuen.
Auch in Deutschland gibt es zahlreiche erfreuliche Entwicklungen: Nicht mehr nur im virtuellen Raum, sondern auch vor Ort entwickeln sich kontinuierlich vielfältige kleine und große Vereinigungen, die sich mit Aufklärung, praktischen Angeboten und Alternativen an die Menschen richten. Und auf diese Weise dazu beitragen, dass die zahlreichen Facetten humanistischer Weltanschauung konkret erfahrbar und auf positive Weise greifbar werden.
Seit dem einschneidenden Abbruch der weltlich orientierten humanistischen Bewegung in Deutschland durch die Verfolgung und Unterdrückung in der Nazi-Diktatur und die Verbote in der DDR hat es hierzulande nicht mehr so viele Menschen gegeben, deren Leben Tag für Tag durch das kulturelle, bildende und soziale Engagement auf Basis humanistischer Überzeugungen bereichert wurden.
Der internationale humanistische Feiertag bietet deshalb auch in diesem Jahr am 21. Juni 2014 eine Möglichkeit, diesen Errungenschaften und hoffnungsvollen Entwicklungen eine Feier zu widmen. Zwar finden seit einigen Jahren solche Feiern auch an einzelnen Orten im deutschsprachigen Raum statt. Doch noch ist der 21. Juni als humanistischer Feiertag zu wenig bekannt, wie beispielsweise ein Blick in den interkulturellen Kalender zeigt, den die Stadt Berlin herausgibt.
Was können wir an diesem besonderen Tag im Jahr machen?
- die Verabschiedung von Erklärungen anlässlich des Feiertages durch demokratisch gewählte Interessenvertretungen gegenüber der Öffentlichkeit
- eine Matinee, ein Picknick oder eine Party
- feierliche Zeremonien, welche die besondere Bedeutung des Tages („Helligkeit“ und „Dunkelheit“) reflektieren und hervorheben
- öffentlichkeitswirksame Aktivitäten, Podiumsdiskussionen und Filmvorführungen
Das sind nur einige Möglichkeiten, wie der internationale Feiertag auf eine würdige und verbindende Weise begangen werden kann – und um zusammen neu Kraft zu schöpfen, zurückzublicken und gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln.
Denn trotz zahlreicher Fortschritte, die im Kleinen stattfinden, sind humanistische Haltungen, Überzeugungen und Ideen an so gut wie keinem Ort der Welt selbstverständlich. Tiefgreifende wirtschaftliche und andere Krisenlagen in Europa, ein weitverbreitetes radikal egoistisches und oft rein ökonomisch orientiertes Denken sowie extremistische Stimmungsmache finden wir heute gleichermaßen häufig vor wie das Aufblühen esoterischer, fundamentalistischer sowie anti-demokratischer und rechtspopulistischer Stimmen oder Organisationen in unserer Gesellschaft. Die allgemeinen Errungenschaften eines offenen, demokratischen, friedlichen sowie von Aufklärung und Vernunft geleiteten Gemeinwesens bedürfen der ständigen Erneuerung. Der jährliche Welthumanistentag bietet ebenfalls einen hervorragenden Anlass, sich hier gemeinsam über die Handlungsoptionen zu vergewissern.
Eigene Veranstaltungen bekannt machen
Wo immer Humanistinnen und Humanisten an diesem wichtigen Feiertag zu eigenen Aktionen und Veranstaltungen einladen, sollen diese möglichst bekannt werden! Daher bieten wir in diesem Jahr an, alle Veranstaltungen auf einer eigenen Seite im Internet in übersichtlicher und sortierter Form zu bewerben. Möglichst viele Menschen sollen sich schließlich auf einfache Weise über ein Ereignis in ihrer Nähe informieren können, um so die Gelegenheit zu finden, gleichgesinnte Menschen zu begegnen, kennenzulernen und mit ihnen an diesem Tag zu feiern.
Hintergrund: Entstehungsgeschichte des World Humanist Day
Ausgehend von Vereinigungen von konfessionsfreien Menschen in den Vereinigten Staaten haben sich die Feierlichkeiten nichtreligiöser Menschen anlässlich der Sommersonnenwende mit der Zeit auch in anderen Ländern verbreitet. Im Rahmen einer internationalen Konferenz in der norwegischen Hauptstadt Oslo wurde am 21. Juni 1986 dieser Tag schließlich als World Humanist Day – Welthumanistentag – zum internationalen Feiertag für Menschen erklärt, die ihr Leben ohne die Orientierung an religiösen Vorstellungen und auf Basis weltlicher humanistischer Ideen führen. Der Feiertag soll dazu dienen, an die zentralen Werte und Prinzipien einer humanistischen Weltanschauung zu erinnern: vernunftorientiertes und rationales Denken, Selbstbestimmtheit, Individualität, Solidarität und Mitgefühl sowie die Gewissheit, dass alle Menschen nur ein einziges Leben besitzen.