Ab 2015 sind die Banken nach § 51a EStG gesetzlich verpflichtet, beim Bundeszentralamt für Steuern die Kirchenzugehörigkeit aller ihrer Kunden abzufragen und, sofern ein Kunde Mitglied einer der 67 kirchensteuererhebenden Religionsgemeinschaften ist, die Kirchensteuer auf Kapitalerträge von derzeit acht bis neun Prozent an die Finanzämter abzuführen, die diese dann an die jeweilige Kirche weiterleiten. Darin liegt ein eindeutiger Verstoß gegen den Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung. Es geht eine Bank nichts an, ob und wenn ja, welcher Religion ein Bankkunde angehört.
Dass darin ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegt, der nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass die Kirchen damit die Möglichkeit erhalten, die Nichtangabe von steuerpflichtigen Kapitalerträgen ihrer Mitglieder zu verhindern, hat der Gesetzgeber auch selbst gesehen und daher eine Möglichkeit eingerichtet, diese Abfrage zu untersagen. Jeder kann beim Bundeszentralamt für Steuern eine Erklärung abgeben, dass er der Weitergabe seiner Daten an die Banken widerspricht.
Das dafür vorgeschriebene amtliche Formular mit dem Namen Erklärung zum Sperrvermerk kann auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern (www.bzst.de unter „Steuern national“, Kirchensteuer auf Abgeltungssteuer, Formulare) abgerufen werden.
Es ist jedem, der nicht möchte, dass seine Bank über seine Religions- oder Nichtreligionszugehörigkeit informiert wird, zu raten, einen entsprechenden Sperrvermerk eintragen zu lassen. Wer einen Sperrvermerk eintragen lässt, ist dann ab 2015 zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung verpflichtet.
Hintergrund
Zu dieser skandalösen gesetzlichen Regelung ist es auf folgende Weise gekommen: Die EU hatte 2010 eine Richtlinie erlassen, die ihre Mitgliedsstaaten verpflichtet, sich gegenseitig bei der Einziehung von Steuern Amtshilfe zu leisten. Religionsgemeinschaften werden in dieser Richtlinie nicht erwähnt, was selbstverständlich ist, da es in der EU außerhalb Deutschlands nirgendwo eine Bestimmung gibt, die zu staatlicher Einziehung von Mitgliedsbeiträgen der Kirchen veranlasst.
Alle Länder waren verpflichtet, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Während im Referentenentwurf des Wirtschaftsministerium zum BeitreibungsRL-Umsetzungsgesetz von einem automatisierten Abzug der Kirchensteuer von Kapitalerträgen noch keine Rede war, sah der Regierungsentwurf vom Mai 2011 erstmals vor, ein solches Verfahren gesetzlich vorzuschreiben. Dass dies zu einem erheblichen Mehraufwand für die Länderfinanzverwaltungen führen würde, für den es keine angemessene Kompensation gibt, war klar (vgl. Bundesratsdrucksache 253/11).
In § 51a, Abs. 2e EStG a.F. war bereits eine Aufforderung an die Bundesregierung hinzugefügt worden, zu prüfen, ob auch für die Kirchen ein automatisierter Quellensteuerabzug eingeführt werden sollte. Die Kirchen haben dann die Umsetzung der EU-Richtlinie genutzt, um durchzusetzen, dass nun auch die Banken – wie bislang schon die Arbeitgeber bei der Kirchenlohnsteuer – als Hilfskräfte für die Einziehung der Beiträge von Kirchenmitgliedern verpflichtet werden. Das Verfahren ist daher ebenso verfassungswidrig wie der Lohnsteuerkircheneinzug.
Bislang war es so, dass Kirchenmitglieder ihre Einkünfte aus Kapitalerträgen bei der Einkommenssteuererklärung selber angeben mussten, damit davon die Kirchensteuer abgezogen wurde. Da die Kirchen vermuteten, dass dies nicht alle ihre Mitglieder getan haben – die Hinterziehung von Kirchensteuern ist nicht strafbar –, wurde der gleiche Automatismus wie bei der staatlichen Kapitalertragssteuer nunmehr auch für die kirchliche Kapitalertragssteuer eingeführt.
Dr. Thomas Heinrichs, Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im Öffentlichen Recht und Mediator, Berlin. www.radrheinrichs.de