Ein Jahr ist zu Ende gegangen, von dem die meisten Menschen sich mehr erhofft hatten. Die Impfungen gegen das Coronavirus haben zwar geholfen, aber neue Entwicklungen brachten neue Wellen von Opfern. Das normale Leben ist weiterhin eingeschränkt. Die Pandemie erwies sich als viel hartnäckiger, als wir dachten. Der Streit in der Gesellschaft über nötige Gegenmaßnahmen konnte nicht befriedet werden.
Wie gehen wir als humanistisch gesinnte Menschen mit solchen Entwicklungen um? Wir können die Lage nur immer wieder neu betrachten, die neuesten Erfahrungen und Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung in unsere Pläne und unser Handeln einfließen lassen. Wir können auch kollektiv versuchen, die Grundbedingungen zu verbessern. So brauchen wir Solidarität bei der Entwicklung und der weltweiten Verteilung von Impfstoffen. Wir können Hoffnungen durch umsetzbare Handlungsschritte fundieren. Und wir können zuversichtlich sein, dass die Menschheit auch diese Pandemie überstehen wird.
Die gleichen Überlegungen und Rezepte gelten auch für die Zukunft, vor allem für den schnell voranschreitenden Klimawandel, der weit bedrohlicher ist als die Covid-19-Pandemie. Überschwemmungen, Orkanen, Dürren und Hungersnöten ist mit Impfmitteln nicht beizukommen. Wir sind Teil einer Gemeinschaft von Milliarden von Menschen, die alle unter dem Klimawandel leiden werden. Die Nöte werden aber unterschiedlich sein. Die Erkenntnis, dass wir alle im gleichen Boot sitzen, trägt noch nicht.
Zwar sehen wir uns gerne als rationale Wesen, als Menschen, die nicht nur Gefühlen folgen. Solange keine kurzfristig reale Gefahr besteht, folgen wir eben doch dem eigenen Empfinden und vor allem dem, was uns einen (kurzfristigen) persönlichen Vorteil verspricht. Wir handeln egoistisch, auch wenn wir damit langfristig größeren Schaden als Nutzen erzielen. Zur Veranschaulichung genügt ein Blick auf unsere Wegwerfkultur. Von Ausnahmen abgesehen, lässt unser Verhalten keine Klimakrise vermuten. Auch die Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels halten wir oft nur so lange für nötig, wie sie unseren eigenen Komfort nicht bedrohen. Rational ist dieses Verhalten nicht; viel weniger noch, wenn wir künftige Generationen im Auge haben.
Auch wenn wir als Einzelne umdenken und uns einschränken, werden die dringenden Reformen in Verkehr, Produktion, Landwirtschaft und Energie noch nicht umgesetzt. Dennoch ist die persönliche Haltung möglichst vieler wichtig und beeinflusst auch die Politik. Wir haben mit knapper Mehrheit eine Koalition der Zukunftsfähigkeit gewählt. Das bedeutet keine Gewähr für Erfolg, aber es ist eine Chance. Wir müssen diese Chance ergreifen. Die großen Zukunftsprobleme werden uns weit über das Jahr 2022 hinaus beschäftigen und ein „Weiter so“ ist nicht länger möglich. Das mag verunsichernd, gar beängstigend sein. Doch wir können diesen Wandel eben auch als Neuanfang begreifen, den wir gestalten können. Wir Humanistinnen und Humanisten können hier einen Beitrag leisten. Ob in der Bewältigung der Klimakrise, der Pandemie oder der Verteidigung unserer Demokratie: Wir brauchen Engagement und positiven Einsatz breiter Teile der Bevölkerung. Wir brauchen ein starkes Miteinander, Solidarität mit unseren Mitmenschen und konstruktive Debatten. Wir Humanistinnen und Humanisten sollten dabei sein.
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen allen ein gutes und erfolgreiches Jahr 2022, für Sie selbst und für Ihre Lieben.
Humanistischer Verband Deutschland – Bundesverband
Der Vorstand