Als verpasste Chance hat Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Mittwoch die Abstimmung des Deutschen Bundestages zur Regelung der Jungenbeschneidung in Deutschland beurteilt.
Mit 434 Ja-Stimmen, 100 Nein-Stimmen und 46 Enthaltungen verabschiedete das Parlament am 12. Dezember nach einer mehr als zweieinhalbstündigen Debatte den Gesetzesentwurf der Bundesregierung (Drs. 17/11295) zur Änderung des Personensorgerechts ohne Änderungen und in namentlicher Abstimmung. Der von rund 60 Abgeordneten eingebrachte Alternativantrag, der eine Beschneidung von Jungen ab dem 14. Lebensjahr erlauben wollte, scheiterte.
Frieder Otto Wolf hatte im Vorfeld der Abstimmung an die Mitglieder des Bundestages appelliert, einen weiterführenden Diskurs vor den Erlass eines neuen Gesetzes zu stellen.
Er schlug nun mit Blick auf das Ergebnis vor, den Anstoß durch die Entscheidung praktisch aufzugreifen: „Ich denke, der Bundestagsbeschluss kann in jedem Fall als deutlicher Denkanstoß in der Frage dienen, inwieweit in Grundsatzfragen säkulare und humanistische Positionen derzeit tatsächlich auf eine effektive Resonanz in der Politik stoßen. Insofern ist die Entscheidung des Parlaments aus meiner Sicht durchaus dazu geeignet, allen Teilnehmern an der Kontroverse dabei zu helfen, ihren Standort und eigene Ziele neu zu bestimmen. Ich hoffe jedenfalls, dass viele weitere aus humanistischer Sicht wichtige Themen in den kommenden Monaten jetzt wieder mehr in den Vordergrund rücken können.“
Verständnis äußerte Wolf für die Kritik von Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden, am Verlauf der Debatte: „Auch ich war über teilweise vorzufindende Auswüchse in den Argumentionen und Meinungsäußerungen erschrocken. Es wird in Zukunft in unser aller Interesse entscheidend sein, die Schwächung von eigenen Positionen durch ein extremes und überzogenes Auftreten Anderer zu verhindern.“