Als deutlichen Denkanstoß hat Frieder Otto Wolf, Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands, am Freitag in Berlin die jüngsten Äußerungen des neuen katholischen Papstes Franziskus beurteilt.
Die früheren Prognosen zu einem künftigen Oberhaupt der katholischen Kirche scheinen sich jetzt zu bestätigen, so Wolf. Fundamentalistischer Dogmatismus und ein auf bizarre Weise verselbständigter Glaube würden auch die Haltungen von Franziskus prägen.
Papst Franziskus hatte in der ersten großen Messe nach der Wahl in das katholische Amt des Papstes gegenüber den Gläubigen behauptet, dass all die Menschen, welche nicht zu seinem Herren beten, zu einem Teufel beten würden. „Wenn man Jesus Christus nicht bekennt, bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen“, sagte der neue katholische Papst in seiner Rede an die Gläubigen weiter.
Wolf wies darauf hin, dass Franziskus mit diesen Aussagen nicht nur die Mitglieder von religiösen Glaubensgemeinschaften, die nicht die christlichen Gottesvorstellungen und insbesondere nicht die Lehre von Christus als einem Erlöser teilen, diffamiert und beleidigt.
Der Papst werte auch modernere Christinnen und Christen ab, die eine andere Begründung für ihr kirchliches und religiöses Engagement als die der offiziellen Lehre vom dreieinigen Gott entwickelt haben. „Das sollte ihnen und allen, die auf eine Reform kirchlicher Politik hinarbeiten, als deutlicher und ernüchternder Denkanstoß vor Augen geführt werden.“
Diese Äußerungen des katholischen Papstes seien nicht zu unterschätzen oder als irrelevant abzutun, da sie nicht nur von jüngeren und naiveren Menschen weltweit für wahr gehalten werden. In Deutschland habe seine Kirche zudem eine große Menge öffentlicher Aufgaben im Bildungs-, Gesundheits- und Kulturwesen übernommen.
„Es ist notwendig, dass die fortgesetzte Verbreitung solcher Ansichten von höchster Stelle in der kirchlichen Hierarchie hier endlich kritisch thematisiert wird. Es muss nicht mehr nur die Frage gestellt werden, wie die traditionelle Privilegierung der Kirchen abgebaut werden kann, sondern es muss geprüft werden, ob eine katholische Kirche, die sich auf diese Positionen festlegen lässt, noch als ein Partner des Staates und der Zivilgesellschaft gefördert werden kann“, sagte Frieder Otto Wolf.
Es gebe jedenfalls keinen vernünftigen Grund, weshalb diese Religionsgemeinschaft und die von ihr vertretenen Positionen nicht in gleicher Weise auf den Prüfstand gestellt werden wie die aller anderen Konfessionen und der weltanschaulichen Organisationen ohne ein religiöses Bekenntnis.
Wolf rief schließlich die humanistisch und säkular denkenden Menschen dazu auf, die neue Papstwahl nicht durch zu viel Aufmerksamkeit zu überhöhen: Mit Blick auf die auch zukünftig zu erwartenden Ausfälle sei es auch in Deutschland wichtig, die eigenen Kräfte und die Wünsche nach Verbesserung nicht in Empörung zu erschöpfen.
Denn um Gewohnheiten und Haltungen wirklich nachhaltig zu verändern bedürfe es ebenfalls immer überzeugender positiver Alternativen. „Kritik sollte konstruktiv sein. Und konstruktive Kritik muss nicht nur ausschließlich auf sprachlicher und medialer Ebene stattfinden. Sie sollte sich auch nicht darauf beschränken, sondern durch eine andere, tolerante und kritische Praxis authentisch überzeugen“, betonte Wolf.
Trotzdem bleibe ein selbstbewusster Dialog mit Kirchenmitgliedern eine unverändert wichtige Aufgabe. Dies könnte im direkten Gespräch und auch durch Kommunikation in den sogenannten sozialen Netzwerken geschehen. Entscheidend sei, dass so ein Umdenken auf den Weg gebracht werden könne, das die nötige Aufklärung und Humanisierung der bisherigen Verhältnisse voranzutreiben hilft.
Als positiv beurteilte Frieder Otto Wolf, dass die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum katholischen Papst grundsätzlich die Bedeutung der globalen Perspektive gestärkt habe.
„Bergoglio entstammt einem Land, das neben dem von Benedikt XVI. als ‚geistliche Lunge‘ bezeichneten afrikanischen Kontinent und einigen Regionen Asiens von einer lebendigen Tradition des katholischen Glaubens geprägt ist. Dass er uns heute als Papst der katholischen Kirche entgegentritt, kann auch für Humanistinnen und Humanisten bei Fragen dazu, wie humanistische Einstellungen in Gesellschaften verankert und gefördert werden können, einen Anstoß dazu liefern, der gerade in Deutschland vorherrschenden und auch durch bisherige Pontifikate bestärkten allzu sehr auf unser Land und Europa fokussierten naiv eurozentrischen Sicht aufzusprengen.“